Skip to main content
Erschienen in: Berliner Journal für Soziologie 1/2024

Open Access 08.02.2024 | Abhandlung

Logik und Leistungsfähigkeit des Verschwörungsweltbildes

verfasst von: Georg Vobruba

Erschienen in: Berliner Journal für Soziologie | Ausgabe 1/2024

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Zusammenfassung

Das entscheidende Merkmal des Verschwörungsweltbildes ist, dass es die komplexe soziale Realität moderner Gesellschaften in der Logik des Handelns erklärt und auf ein übermächtiges Handlungszentrum, dessen verborgene Absichten und daraus folgende manipulative Strategien zurückführt. Soziale Konflikte, Inkonsistenzen und Widersprüche werden auf der Ebene des Scheins verortet und als Ablenkungs- und Verwirrungsmanöver identifiziert, die eine wirklichere Wirklichkeit lediglich verdecken. Verschwörungsdenken tritt verstärkt dann auf, wenn in der Folge von Krisen Komplexität in den Alltag der Leute einbricht. Es lässt sich als rückwärtsgewandter Versuch interpretieren, sich der Komplexität der Moderne kognitiv zu erwehren. Vor diesem Hintergrund analysiert der Artikel die zentralen Motive der digitalen Verschwörungspublizistik der letzten Jahre, die infolge der internationalen Finanzkrise, der anhaltenden Migration nach Europa, der COVID-Pandemie und des Ukraine-Kriegs stark an Popularität gewonnen hat. Es zeigt sich, dass das Verschwörungsweltbild sowie das dafür kennzeichnende „Einfachdenken“ eine absurde, aber in sich weitestgehend stimmige Interpretation der Wirklichkeit bieten. Im Ergebnis wird deutlich, wie Logik, Leistungsfähigkeit und Folgen des Verschwörungsweltbildes systematisch miteinander zusammenhängen und sich wechselseitig konsolidieren sowie katalysieren.
Hinweise

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

1 Das Problem und die Frage

Das Irritierende an Verschwörungsgläubigen ist, dass sie auf alles eine Antwort haben, das Bedrückende, dass sie aus ihrem Weltbild kaum mehr rausfinden. Das eine hängt mit dem anderen eng zusammen.
Die Überzeugungskraft des Verschwörungsweltbildes beruht auf seinem Versprechen, in der verstörenden Unübersichtlichkeit der modernen Welt eine einfache Orientierung zu bieten. Das ist mittlerweile Standardwissen. Ich nehme es als Ausgangspunkt, um weiter zu fragen: Welche gesellschaftlichen Konstellationen fördern die Neigung, die Welt als Ergebnis einer Verschwörung zu interpretieren? Worauf beruht die immense Leistungsfähigkeit des Verschwörungsweltbildes? Und welche Folgen hat konsequentes Verschwörungsdenken? Diesen Fragen nachzugehen, erfordert zunächst, die Logik des Verschwörungsweltbildes zu rekonstruieren. Ich befasse mich hier nicht mit jenen sozialen Phänomenen, die allgemein als Verschwörungstheorien bezeichnet werden.1 Stattdessen fasse ich mein Thema viel schmaler: Es geht mir um das Weltbild und seine Logik, in deren Folge der Zustand der und die Vorgänge in der sozialen Welt insgesamt auf den Willen einer kleinen Gruppe Supermächtiger zurückgeführt werden, die sich gegen „alle anderen“ verschworen haben. Im Unterschied zu Verschwörungstheorien erklärt das Verschwörungsweltbild nicht dieses oder jenes soziale Phänomen in der Gesellschaft, sondern die Gesellschaft insgesamt. Man sieht: Mein Thema ist vergleichsweise eng gefasst, der Erklärungsanspruch, um den es darin geht, hingegen umfassend.
Es geht mir also um einen ganz speziellen Typus von Erklärungen. Erklärungen zum Gegenstand soziologischer Analyse zu machen, setzt voraus, sie als soziale Phänomene (Balog 2006) zu begreifen und so der soziologischen Beobachtung und Interpretation zugänglich zu machen. Dieser Zugang zum Thema ist vielleicht etwas ungewohnt, lässt sich aber durch eine Abgrenzung leicht verdeutlichen: Es geht hier nicht darum, besonders gute, einleuchtende, sozialwissenschaftlich akzeptable Erklärungen zu entwickeln (dazu ebd., S. 157 ff., und umfassend Schmid 2023, S. 25 ff.). Vielmehr betrachte ich Erklärungen wissenssoziologisch als etwas, das in der sozialen Praxis vorzufinden ist, und frage aus der Perspektive zweiter Ordnung (Vobruba 2019a, S. 5 f.), wie sie zustande kommen und operieren. Es geht mir also im Sinn einer „street-level epistemology“ (Hardin 1993) um Erklärungen der Leute als Untersuchungsobjekte und somit darum, diese Erklärungen zu erklären. So erschließt auch Charles Tilly Erklärungen als soziale Phänomene, wenn er danach fragt, was daraus folgt, wenn die Leute „Why?“ fragen. Dazu nimmt er „die soziale Seite von Begründungen in den Blick“ (Tilly 2021, S. 43), um zu zeigen, dass ihre Erklärungen „situationsbedingt“ (ebd., S. 44) sind und je nach Rahmenbedingungen und Interaktionskonstellationen unterschiedlich ausfallen. Die Erklärungen, um die es mir hier geht, verstehen die sozialen Verhältnisse als Ergebnis einer Verschwörung, die von einer supermächtigen Instanz ausgeht. Zu diesem Zweck rekonstruiere ich das Verschwörungsweltbild, seinen Entstehungskontext und seine Wirkungen. Es geht hier also nicht um die Frage, wer von der Existenz von Verschwörungen überzeugt ist und wie intensiv diese Überzeugungen sind (dazu Schäfer et al. 2022; Dilling et al. 2022). Es geht auch nicht darum, die Verschwörungspublizistik umfassend darzustellen. Mich interessiert das Verschwörungsweltbild in seiner spezifischen Logik und Leistungsfähigkeit.
Zuerst werde ich knapp die langfristige historische Tendenz skizzieren, in deren Verlauf Reichweite und Dichte der Gesellschaft immer mehr zugenommen haben (Abschnitte 2.1 und 2.2). Beide Entwicklungen sind Voraussetzungen dafür, dass soziale Komplexität entsteht und sich lebensweltlich bemerkbar macht. Daraufhin werde ich erklären, was ich unter „Einfachdenken“ verstehe, nämlich: eine Interpretation der Wirklichkeit, welche der Logik der Handlung folgt und sich gegen die komplexen sozialen Verhältnisse der Moderne richtet (2.3) (Vobruba 2024). Diese Logik ist in dem Sinne einfach, dass sie Intention und Effekt eindeutig verknüpft: Alles, was der Fall ist, lässt sich auf eine Intention zurückführen, die es verursacht hat (Vobruba 2020, S. 107 ff.). Anschließend werde ich Konsequenzen der Kollisionen zwischen komplexer Gesellschaft und Einfachdenken untersuchen (2.4). Im Hauptteil des Textes diskutiere ich zunächst Beispiele für Verschwörungsdenken in der Zwischenkriegszeit (3) und widme mich dann den zentralen Motiven des gegenwärtigen Verschwörungsweltbildes (4). Es ergibt sich Zweierlei: Erstens führt Einfachdenken zu einer pessimistischen Beschreibung und umfassenden Kritik der Gesellschaft. Die schlechten sozialen Verhältnisse werden als Ergebnis der üblen Intentionen eines mächtigen Handlungszentrums erklärt. Und zweitens laufen alle Zukunftsvorstellungen darauf hinaus, dass gute soziale Verhältnisse aus der direkten Umsetzung wohlmeinender Intentionen entstehen. Es geht also um diese beiden einfachen Zusammenhänge in der Logik des Einfachdenkens: Üble Intentionen = schlechte soziale Verhältnisse, gute Intentionen = gute soziale Verhältnisse. Abschließend stelle ich ein paar Überlegungen zu den für das Verschwörungsweltbild typischen Reaktionsmustern und Folgen an (5) und rekapituliere meine wichtigsten Beobachtungen (6).

2 Die Voraussetzungen des Einfachdenkens

2.1 Soziale Komplexität

Ein wesentliches Kennzeichen der Gesellschaftsstruktur und der Reflexion der sozialen Verhältnisse in der Moderne ist, dass sie ohne Spitze oder Zentrum auskommen müssen. Die Auflösung der dominanten Verbindung aller einzelnen Elemente der Gesellschaft mit einem vor-gesetzten Zentrum setzt eine unüberschaubare Vielfalt an möglichen Verbindungen der Elemente untereinander frei. Aktualisieren sich diese Möglichkeiten, entsteht soziale Komplexität.
Ein Phänomen ist komplex, wenn es durch mehrere untereinander verbundene Faktoren so bewirkt wird, dass es sich nicht aus einer einzelnen Ursache erklären lässt, dass also kein einfacher Kausalzusammenhang besteht. Daraus folgt, dass komplexe Phänomene jedenfalls nicht mittels Rekurs auf eine ihnen entsprechende Intention erklärt werden können. Niklas Luhmann fasst das so: „Als komplex wollen wir eine zusammenhängende Menge von Elementen bezeichnen, wenn aufgrund von immanenten Beschränkungen der Verknüpfungskapazität der Elemente nicht mehr jedes Element jederzeit mit jedem anderen verknüpft sein kann.“ (Luhmann 1984, S. 46) Intentionen lassen sich in die Theorie gleichwohl einbauen, wenn man präzise unterscheidet zwischen Intentionen, die sich in ihnen entsprechenden Ergebnissen manifestieren, und solchen, die zu emergenten Prozessen beitragen. Im einen Fall wird soziale Komplexität einfachdenkend übergangen, im anderen Fall ihre Erklärung mikrosoziologisch fundiert (Schimank 2000, S. 190 ff.; Schmid 2023, S. 535 ff.).
Sozial komplex sind Prozesse, deren Teilnehmende zwar Intentionen verfolgen, welche sie aber immer wieder revidieren müssen, da die Effekte des eigenen Handelns und des Handelns der anderen zu Handlungsbedingungen werden. Soziale Komplexität bedeutet somit, dass ein sozialer Sachverhalt aus dem Zusammenwirken von vielen, oft sehr raschen Anpassungsprozessen der Intentionen zahlreicher Akteure entsteht, die einander als wechselseitig Handlungsbedingungen setzend wahrnehmen. Der Prototyp dafür ist der Markt. „Intentionsinterferenzen“ (Schimank 2000, S. 207) speisen emergente Prozesse, deren Ergebnisse sich mit den Ausgangsintentionen der beteiligten Akteure nicht decken: „Common to all usages of the term emergence in the social sciences is that it is only applied to effects produced unintentionally“ (Mayntz 2009, S. 144). Daraus ergibt sich, dass soziale Komplexität durch zwei Merkmale gekennzeichnet sind: Einerseits sind komplexe soziale Phänomene immer auf mehrere Ursachen zurückzuführen, andererseits bringen Intentionen in ihrem Zusammenwirken komplexe soziale Phänomene zwar hervor, doch bildet sich keine einzelne Intention in ihnen unmittelbar ab.
Für die weitere Argumentation sind zwei Punkte festzuhalten. Erstens muss jede Erklärung komplexer sozialer Phänomene beim Handeln der Beteiligten und bei den Bedingungen, unter denen es stattfindet, ansetzen. Aber die Erklärung selbst kann nicht der Logik der Handlung folgen, in der sich eine Intention in einen ihr kausal entsprechenden Effekt umsetzt. Das gilt auch für die Handlungen von Akteuren, denen erhebliche Macht und Ressourcen zur Umsetzung ihrer Intentionen unterstellt werden können und die nicht selten Opfer ihrer eigenen Kausalitätsfiktion werden. Zweitens bedeutet das folgerichtig, dass komplexe soziale Phänomene durch Mechanismen erklärt werden müssen, die zu Ergebnissen jenseits der ursprünglichen Intentionen der daran beteiligten Akteure führen. Man denke an die Verschlechterung der kollektiven Sicherheitslage durch Wettrüsten. Daraus folgt aber nicht, dass es für alle Mechanismen ein Erklärungsmuster – oder gar: eine Theorie – geben muss. Der Begriff „Mechanismus“ bezeichnet vielmehr „eine Vielfalt von Möglichkeiten, wie bestehende Phänomene aufgrund von Handlungseffekten entstanden sind und aufrecht erhalten werden“ (Balog 2001, S. 362). Zumindest für den Zweck dieser Untersuchung reicht es, Mechanismen negativ zu bestimmen: Mechanismen bezeichnen Verursachungszusammenhänge, in denen keine Beteiligte ihre Ausgangsintention ungebrochen verwirklichen kann.
In die Alltagswelt übertragen bedeutet das: Man erlebt etwas, man ist von einer Entwicklung betroffen, ohne dass klar wäre, wer oder was daran schuld ist. Die Schuldfrage findet keine Adressaten und wird sinnlos. Dies gesagt, lässt sich Einfachdenken präzisieren: Es zwingt komplexen sozialen Verhältnissen einfache handlungslogische Erklärungen auf und präsentiert Sündenböcke.

2.2 Zunehmende Reichweite und Dichte der Gesellschaft

Die Entwicklung sozialer Komplexität hat zwei Voraussetzungen: zunehmende Reichweite und zunehmende Dichte der sozialen Beziehungen. Beide hängen eng miteinander zusammen und tragen wechselseitig zu ihrer Steigerung bei.
Die soziale Reichweite der Gesellschaft wurde insbesondere ab dem Ende des 18. Jahrhunderts in der nördlichen Hemisphäre durch technische und soziale Innovationen gesteigert. Dampfkraft wurde zu Lande und zu Wasser zum vorherrschenden Transportantrieb (Schivelbusch 1979). Dies beschleunigte und intensivierte den Personen- und Gütertransport. Parallel dazu entwickelte sich die telegrafische Informationsübertragung, das erste funktionierende Unterseekabels durch den Atlantik wurde im Jahr 1858 verlegt (Holtorf 2013). Das Zusammenwirken von radikal expandierenden Transport- und Informationsmöglichkeiten ließ weit ausgreifende Märkte entstehen, während die Zurückdrängung von Subsistenzwirtschaft und die zunehmende Monetarisierung der Lebenswelt bewirkten, dass sich globale Entwicklungen der Bevölkerung via Geld als lokale Probleme manifestierten, etwa in Form von Arbeitslosigkeit in ökonomischen Krisen (Münch 1998, S. 169 ff.; Sombart 1987 [1927], S. 372 ff.) Die „große Industrie“ brachte den „Weltmarkt“ hervor, der im 19. Jahrhundert zum Inbegriff existenzumwälzender Außeneinflüsse wurde, und erzeugte damit „insoweit erst die Weltgeschichte, als sie jede zivilisierte Nation und jedes Individuum darin in der Befriedigung seiner Bedürfnisse von der ganzen Welt abhängig machte und die bisherige naturwüchsige Ausschließlichkeit einzelner Nationen vernichtete“ (Marx und Engels 1969 [1845/46], S. 60).
Mit den Steigerungen der Reichweite ging die Verdichtung der sozialen Beziehungen Hand in Hand. Sichtbarster Ausdruck war die zunehmende Verstädterung der Welt. Städte wurden zu Knotenpunkten von Reichweitentechnologien: große Häfen, Kopfbahnhöfe, Nachrichtenagenturen. Ferdinand Tönnies (1979 [1887], S. 212) bezeichnet die seinerzeit entstehende Großstadt als „typisch für die Gesellschaft schlechthin“, d. h.: typisch für die modernen Lebensverhältnisse im Gegensatz zu jenen in der traditionalen Gemeinschaft. Da sich die industrielle Produktions- und Lebensweise als Verdichtung und Verstädterung durchsetzte, machten sich ihre Nachteile im Großstadtleben bemerkbar. „Die Zentralisation der Bevölkerung in großen Städten“, berichtet Friedrich Engels (1970 [1845], S. 325), begünstigt die Ausbreitung von Krankheit und Armut und verleitet „die ärmere Klasse“ zu allerlei Laster: „Man entzieht ihnen alle Genüsse außer dem Geschlechtsgenuß und dem Trunk“ (ebd. S. 327). Aus der großstädtischen Verdichtung ergaben sich Interdependenzen, die zu einem wesentlichen Antrieb für medizinische Innovationen und Sozialpolitik wurden. Ansteckung wurde zur klassenübergreifenden Bedrohung wie auch zum Denkmodell für die Funktionsweise von Interdependenzen (Webb und Webb 1912; Opitz 2015).
Steigerung der Reichweite und zunehmende Verdichtung der Gesellschaft machen den Übergang zur komplexen Gesellschaft sehr wahrscheinlich. Denn mit zunehmender Reichweite und Dichte der sozialen Verhältnisse erschließen sich zunehmende Möglichkeiten der wechselseitigen Einflussnahme ihrer Elemente. Sobald die Kombination beider Makroprozesse es unmöglich macht, einzelne Elemente miteinander in einem einfachen Ursache-Wirkungs-Schema so zu verknüpfen, dass damit ein soziales Phänomen erschöpfend erklärt ist, hat man es mit sozialer Komplexität zu tun. Darin ist die Möglichkeit von Kollisionen mit den Orientierungsbedürfnissen der Leute angelegt. Warum?

2.3 Logik des Handelns

Handeln ist sowohl „die Voraussetzung für den Aufbau der Sozialwelt“ (Schütz und Luckmann 2003, S. 452, Hervorh. im Orig.) als auch der Modus, in dem sich Menschen mit der Wirklichkeit verbinden. Handeln ist eine Aktivität, die von einer Intention geleitet wird. Der Zusammenhang von Handeln und Intention impliziert, dass jede Handlung antizipiert wird: „Damit gehandelt wird, muß eine Handlung entworfen werden.“ (ebd., S. 465) Die oder der Handelnde stellt sich das Ergebnis ihres oder seines Handelns vor und nimmt den Handlungserfolg gedanklich vorweg. „Im Entwurf“, so Schütz und Luckmann (ebd.), wird also „zunächst das Ziel des Handelns, die vollzogene Handlung vorgestellt“. Dieser „Vorgriff in die Zukunft“ (ebd.) ist für Handeln konstitutiv, und das bedeutet: „Der Entwerfende verfährt nicht anders, als wäre das Handeln, welches er entwirft, im Zeitpunkt des Entwerfens bereits in der Vergangenheit liegende, abgelaufene, vollzogene Handlung.“ (Schütz 2016, S. 80) Somit kann der Effekt der „modo futuri exacti“ (Schütz und Luckmann 2003, S. 465) vorgestellten Handlung zum Inhalt der Intention werden, welche die tatsächliche Handlung anleitet. Diese Verknüpfung von Intention und Effekt bestimmt die Logik der Handlung, wirkt im Alltagsdenken der Leute und fundiert ihre Erklärung der Welt.
Die Logik der Handlung hat ihre Leistungsfähigkeit über Jahrtausende bewiesen. In sämtlichen Versionen traditional-vormodernen Denkens wurde und wird alles, was der Fall ist, auf eine Instanz mit überlegenem Willen zurückgeführt und als Ausdruck ihrer Intentionen erklärt. Das vormoderne Denken ist darin absolutistisch, dass es jede Erklärung bis zu einem Bezugspunkt zurückführt, der selbst jeglicher Erklärungsnotwendigkeit enthoben und darum absolut ist. Jegliches Erklären ist letztlich verankert in einem „Absoluten, das allem und jedem in der Welt zugrunde liegt“ (Dux 2019, S. 37). Dieses Verfahren ist seiner logischen Struktur nach immer dasselbe: Die Frage „Warum?“ erschließt eine Kette von Rückverweisungen auf Gründe, die hinter den Gründen, die wieder hinter weiteren Gründen liegen – so lange, bis man an einem absoluten Bezugspunkt angekommen ist, von dem aus sich alles erklären lässt, weil er selbst immer schon vorausgesetzt ist. Der Abbau dieser absolutistischen, auf eine verursachende Letztinstanz abzielenden Interpretation der Welt begann mit der „Genesis der kopernikanischen Welt“ (Blumenberg 1981) und wirkt im Zuge der sich durchsetzenden Moderne zunehmend in die Breite. Die Konsequenz: Gesellschaft kann nicht mehr unbestritten von einem absoluten Handlungszentrum aus gedacht werden: „Vielmehr glauben wir jetzt die historischen Erscheinungen aus dem Wechselwirken und dem Zusammenwirken der Einzelnen zu verstehen.“ (Simmel 1992, S. 15)
Im Alltagsdenken freilich schreibt sich die in der Sozialisation eingeübte Handlungslogik fort und dominiert das handlungsrelevante Wissen. Denn im alltäglichen Leben und Erleben konzentriert man sich „oft aus pragmatischen Gründen auf die Motive der Anderen und lässt die Bedingungen ihrer Handlungen im Hintergrund, auch wenn man häufig zumindest eine Ahnung davon hat, dass die Person in ihrem Tun durch externe Umstände eingeschränkt ist.“ (Balog 2006, S. 174) Die Handlungslogik liefert auf die „Warum?“-Frage knappe Antworten und damit ein Wissen, mit dem man gut durch den Tag kommt. Das gewährleistet die Verknüpfung von Intention und Effekt bzw. die alltagspragmatische Attribution von Effekten auf intendierende Handlungssubjekte, wie sie etwa im Straßenverkehr laufend zu beobachten ist. Aufwendige Reflexionen dieser Ad-Hoc-Zurechnungen würden zu einer Kette von Erklärungsversuchen und -revisionen, und somit in vielen Fällen zu Handlungsblockaden führen. Um im Alltag realitätstüchtig zu bleiben, benötigt man einfache Kausalitätsunterstellungen (Dux 2017, S. 162). Die Generalisierung dieser Art des Erklärens auf komplexe Phänomene jenseits der Alltagspragmatik ist jedoch problematisch.

2.4 Kollisionen

„Es gibt eine Simultaneität von einerseits einfacheren Sozialformen, die voraussetzungsfrei zu bilden sind: Man braucht nicht viele Grundlagen, um in Interaktion zu treten, und andererseits von hochvoraussetzungsvollen Sozialformen wie etwa Geldsystemen, Bankensystemen, Forschung, anspruchsvoller naturwissenschaftlicher Forschung, Medizin und dergleichen […].“ (Luhmann 2005, S. 193 f.) Diese Differenz zwischen einfachen und komplexen Sozialformen samt ihrer jeweiligen Wissensformen ist unproblematisch, solange sie institutionell voneinander einigermaßen sauber getrennt bleiben, diese Trennung gesellschaftlich weitgehend akzeptiert wird und es Akteure gibt, die komplexes Wissen erfolgreich über den Binnenkontext von Eingeweihten hinaus an die Leute als Laien vermitteln. Das ist die Aufgabe von funktionsspezifischen Spezialisten, Ärztinnen, Steuerberatern, professionellen Journalisten, Wissenschaftlerinnen, politischen Repräsentantinnen etc.: Die Komplexität zu einer für die Allgemeinheit verkraftbaren Dosis kleinarbeiten. Was aber passiert, wenn – aus welchen Gründen auch immer – das nicht funktioniert und es zu Kollisionen zwischen der Komplexität der sozialen Verhältnisse und dem handlungslogischen Denken kommt? Dann, so mein Argument, manifestiert sich Einfachdenken, sprich: die Anwendung der Logik des Handelns auf komplexe soziale Phänomene (Vobruba 2019b, 2020). Einfachdenken findet statt, wenn soziale Phänomene handlungslogisch auf Akteure zurückgeführt werden, die sie so und nicht anders intendiert haben, obwohl sie sich komplexen Verursachungszusammenhängen verdanken. Unter welchen Bedingungen ist damit zu rechnen?
Glückliche Umstände nimmt man eher fraglos hin. Hat aber das Eindringen von komplexen gesellschaftlichen Prozessen in die Alltagswelt der Leute nachteilige Folgen, provoziert dies Fragen: Warum ist mir dies zugestoßen? Wer oder was hat es bewirkt? Die rasante Entwicklung der Kommunikationstechnologien und der Nachrichtenübermittlung ab der Mitte des 19. Jahrhunderts konnte der ganz überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung an sich gleichgültig sein. Aber wenn aus diesen neuen kommunikativen Zusammenhängen neue, komplexe Weltmarktzusammenhänge für Getreide entstehen, durch die sich die materiellen Lebensgrundlagen massiv verschlechtern, dann sind diese Zusammenhänge nicht mehr gleichgültig. Dann muss dafür eine Erklärung gefunden werden. Da liegt es nahe, sich der Logik zu bedienen, die man im Alltag eingeübt hat und die man dort laufend gebraucht: die Logik der Handlung. Also werden Handelnde und deren Intentionen gesucht und gefunden, bei denen sich die Problemverursachung lokalisieren lässt. Das bedeutet: Man sucht und man findet Schuldige, deren Schuld man nicht beweist, sondern voraussetzt. Dadurch gewinnt das Einfachdenken eine politische Dimension.

3 Einfachdenken am Beginn des 20. Jahrhunderts

Die beschleunigte Auflösung der traditionalen Ordnung vor und nach der Wende zum 20. Jahrhundert erzeugte in den europäischen Gesellschaften fundamentale Orientierungsprobleme, Freiräume und Unsicherheiten. Einerseits erwuchs daraus eine immense künstlerische, intellektuelle und wissenschaftliche Produktivität, die bis heute in der „Wiener Moderne“ (Schorske 1982; Kandel 2012) und im Mythos der Zwanziger Jahre mit Berlin als Gravitationszentrum nachwirkt (Plessner 1982 [1962]; Makropoulos 1991). Andererseits entstand der Resonanzboden für einfache Erklärungen der verwirrenden neuen sozialen Verhältnisse. Der Wandel wurde vor allem dort als Bruch erlebt, wo bürgerliche Revolutionen stecken geblieben waren und die Fassade vormoderner Verhältnisse sich lange gehalten hatte: im Deutschen Reich, in Österreich-Ungarn und in Russland. Insbesondere mit den politischen Umwälzungen nach 1918 gingen zwar die Fixpunkte traditioneller Orientierungen verloren, die Orientierungsbedürfnisse aber blieben.
Die Interpretationen des Wandels der sozialen Verhältnisse und dessen verheerender Folgen, darunter Arbeitslosigkeit, Inflation und Armut, folgten der Logik der Handlung und verbanden sich zu einem neuen konsistenten Weltbild, das von den sozialen Peripherien nach und nach in die gesellschaftliche Mitte vordrang: Alle Katastrophen und Schicksalsschläge der Zeit wurden als Realisation der Intention eines bösen Handlungszentrums gedacht. Der „krasse soziale Wandel“ (Clausen 1994) von damals führte zu zwei Arten von Flucht, nämlich einerseits in Rückkehrphantasien zu übersichtlichen Sozialverhältnissen, andererseits in den Verschwörungsglauben mit eschatologischen Hoffnungen auf einen „Endkampf“ mit dem vermeintlich letzten Feind. Beiden gemeinsam war der Wunsch nach Vereinfachung.

3.1 Ausstieg

Mit dem Ersten Weltkrieg begann eine Reihe von politischen, ökonomischen und sozialen Umwälzungen, die spätestens 1917 in den deutschen Alltag durchschlugen: auf die Blockaden des transnationalen Getreidehandels und die Engpässe in der Lebensmittelversorgung folgten die Niederlage, der Zusammenbruch der Monarchie sowie der drei Großreiche in Mittel‑, Ost- und Südosteuropa (Russisches Reich, Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich) mit darauf folgenden Kriegen und Massenmigrationen, die dauernde Gefährdung der inneren Sicherheit durch politische Morde und bewaffnete Aufstände, dann die Hyperinflation und dramatische Vermögensvernichtung und schließlich die internationale Bankenkrise und Kreditklemmen für den Mittelstand (James 2022). Das Eindringen von Komplexität in den Alltag der Leute hatte schon vor Kriegsbeginn diverse Alternativbewegungen und antimoderne Weltanschauungen entstehen lassen: „Die Stoßrichtung der Weltanschauung(en) von Wandervogel und Jugendbewegung war weitgehend konservativ und vormodern, wenngleich sie von ihren Vertretern als ‚neu‘ und fortschrittlich, als Zeichen eines großen Aufbruchs empfunden wurde.“ (Soeffner 2010, S. 102)
Diese Bewegungen verband ein „Ursprünglichkeitsverlangen“ (Plessner 1982 [1962], S. 271), das Fluchtbewegungen aus den komplexen Lebensverhältnissen der Moderne antrieb (Mommsen 1985; Mogge 1985). Und da die als bedrohlich wahrgenommenen Entwicklungen des sich globalisierenden Kapitalismus mit der Großstadt assoziiert wurden, artikulierte sich ihre Kritik als Kritik am städtischen Leben. Das Großstadtleben war in den Augen vieler gleichbedeutend mit dem Verlust traditionaler Verhältnisse. Als Sehnsuchtschiffre fungierte folglich die Gemeinschaft. Es dauerten „überhaupt die gemeinschaftlichen Lebensweisen als die alleinigen realen, innerhalb der gesellschaftlichen, wenn auch verkümmernd, ja absterbend fort“ (Tönnies 1979 [1887], S. 211).2 In der Konsequenz folgte die „Abkehr von der Großstadt“ (Janz 1985, S. 316) als dem Inbegriff von Genusssucht und Dekadenz. Hand in Hand damit gingen die Suche nach Gemeinschaft als konfliktfreier Form des Zusammenlebens und die Orientierung an einem „Höchsten“: „Die Jugendbewegung“, so Plessner, „wuchs aus dem Protest gegen die Großstadt und Degenerationsideale, gegen Versnobtheit und Müdigkeitspathos. Und der Wald allein tut es nicht. Wenn sie eine Bewegung der Erneuerung und nicht bloß der Asphaltfeindschaft sein wollte, mußte sie eine Idee haben. Ihre Idee war: Los von der Zivilisation, empor zur Gemeinschaft.“ (Plessner 1981 [1924], S. 35)
Angesichts der Orientierungsprobleme, die systemische Komplexität im Alltag schafft, wurde „Gemeinschaft“ zur Erlösungsformel: „Maßlose Erkaltung der menschlichen Beziehungen durch maschinelle, geschäftliche, politische Abstraktionen bedingt maßlosen Gegenentwurf im Ideal einer glühenden, in allen ihren Trägern überquellenden Gemeinschaft. Der Rechenhaftigkeit, der brutalen Geschäftemacherei entspricht im Gegenbild die Seligkeit besinnungslosen Sichverschenkens […].“ (ebd., S. 28) Die Gemeinschaftsidee, mit der parlamentarischen Demokratie immer schon überkreuz, mündete einerseits in Esoterik und wurde andererseits autoritär okkupiert, um schließlich in NSDAP-Inszenierungen wie dem Reichsparteitag 1938 in Nürnberg zu erstarren. Der Protokollband dazu berichtet: „Die HJ läuft in das vordere freie Mittelfeld, vor die Tribüne, und jetzt laufen aus dem Hintergrund weitere 800 Hitlerjungen vor und von beiden Seiten in die freigebliebenen Räume. Die Front ist geschlossen. Die Gemeinschaft steht wie aus einem Guß.“ (zit. nach Schmitt-Sasse 1985, S. 130, Fn. 6; Hervorh. im Orig.)

3.2 Die unterschobene Verschwörung

Die zunehmende Dominanz des Weltmarktes wurde als Monetarisierung des Alltags erlebt (Vobruba 2000, S. 15 ff.), die man den in der Zirkulationssphäre tätigen Berufsgruppen schuldhaft zurechnete, vor allem jüdischen Unternehmern und Bankiers. Das ist die Denkgrundlage, auf der sich als Reaktion auf die Globalisierungswelle im späten 19. und beginnenden 20. Jahrhundert gesellschaftliche Feindbilder entwickelten oder verstärkten: Antisemitismus und aggressiver Nationalismus (Holz 2001; Weyand 2016). Einen kräftigen Schub erfuhr das Thema Verschwörung bereits durch die international intensiv wahrgenommene Dreyfus-Affäre ab 1894 (Thalheimer 1963). Die Verschwörung gegen den jüdischen Offizier im französischen Generalstab Alfred Dreyfus bestand darin, ihm einen Beweis für eine angebliche Verschwörung gegen die französische Armee unterzuschieben. Dreyfus wurde 1894 zu lebenslänglicher Verbannung verurteilt und erst nach massiven Protesten, darunter Emile Zolas offener Brief „J’accuse“, im Jahr 1906 rehabilitiert: Die jüdische Verschwörung erwies sich als Verschwörung gegen einen Juden, dem man eine jüdische Verschwörung unterzuschieben versucht hatte. (Thalheimer 1963; Wilson 2007) Die Tendenz des Verschwörungsdenkens zum Antisemitismus steigerte sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts freilich intensiv.
Der zentrale Text, der das antisemitische Verschwörungsweltbild ausbuchstabierte, förderte und festigte, war bekanntlich Die Protokolle der Weisen von Zion (Sammons 2021), der das Unbehagen am Kapitalismus, krisenbedingte Existenzängste, das Misstrauen gegenüber der Presse und judenfeindliche Stereotype kombinierte. In diesem von der zaristischen Geheimpolizei Ochrana hergestellten Pseudo-Dokument unternimmt ein fiktiver anonymer Autor im Wesentlichen Zweierlei. Zum einen werden alle Übel dieser Welt auf das geheime Wirken der Juden („Wir“) zurückgeführt. Dieses „Wir“ inszeniert und provoziert Kriege und politische Krisen (ebd., S. 42, 53), bewirkt Wirtschaftskrisen, Arbeitslosigkeit und Inflation (ebd., S. 51), schafft Armut und Not, denn „durch die Not und den aus ihr entspringendem (sic!) Neid und Haß bewegen wir die Massen und beseitigen mit ihrer Hilfe Jeden, der uns auf unserem Wege hinderlich ist.“ (ebd., S. 41) „Wir“ verfolgen unsere Pläne im Geheimen und halten die „Masse“ so lange wie erforderlich unwissend. Das ist kein Problem, denn „mit ganz wenigen Ausnahmen, die überhaupt nicht in Frage kommen, liegt die ganze Presse in unseren Händen“ (ebd., S. 53). Die „Protokolle“ erklären alles Übel in der Logik des Einfachdenkens mit den Intentionen des mächtigen Zentrums, der „Herrschaft des Geldes“ (ebd., S. 30) oder schlicht mit: „Wir“.
Die von „uns“ geplante Zukunftsgesellschaft wird nach derselben Logik entworfen. Für jedes soziale Phänomen wird eine ihm zugrundeliegende Intention angeführt: „Wir“ werden „alle diejenigen Mißstände beseitigen, die wir selbst absichtlich unter den Nichtjuden großgezogen haben“ (ebd., S. 92). Denn es ist klar: Die „Mißstände waren für uns nützlich, so lange die Nichtjuden am Ruder waren; unter unserer Herrschaft können wir sie nicht länger dulden.“ (ebd., S. 103) Aus der Logik des Einfachdenkens folgt, dass „unser Weltherrscher“ (ebd., S. 88) die Gesellschaft direkt lenken wird. Um dies dem Volk anschaulich zu machen, wird seine Volksnähe simuliert werden, er wird „Bittschriften“ entgegennehmen und „immer von einer Menge scheinbar neugieriger Männer und Frauen umgeben sein“ (ebd., S. 94). Erstens wird ein „Weltgeld“ eingeführt, und „zweitens werden wir über alles Geld der Welt verfügen“ (ebd., S. 85). Folglich wird es „unserer Regierung“ leicht fallen, „in der Person unseres zukünftigen Weltherrschers den Schein altväterlicher Sorge um das Wohl und Wehe unserer Untertanen“ (ebd.) aufrecht zu erhalten. „Ist er selbst verhindert, zu sprechen, so müssen wir umso eifriger von seiner Bedeutung, seiner unermüdlichen Arbeit, seinen Wohltaten sprechen.“ (ebd., S. 88)
Insgesamt handelt es sich um einen extrem unplausiblen, inkonsistenten und einfältigen Text. Das macht seine Verbreitung erst recht erklärungsbedürftig. Vor allem der Schock der Oktoberrevolution und ihre Folgen und die Niederlage Deutschlands und Österreich-Ungarns 1918 steigerten die Aufnahmebereitschaft für die „Protokolle“ immens: „Sie boten“, wie Wolfgang Benz erläutert, „den von Erbitterung und Statusverlust sowie Existenzangst Geplagten einen Ausweg aus den Selbstzweifeln, in die sie die schmachvolle Lage des Vaterlandes gestürzt hatte. […] Sie waren, wenn sie der jüdischen Weltverschwörung glaubten, des Grübelns über die Ursachen der deutschen Niederlage enthoben, denn offensichtlich gab es eine geheime Macht, deren Plan stärker war als alle eigenen Anstrengungen.“ (Benz 2007, S. 71; siehe auch Sammons 2021, S. 7 ff.) Die deutschsprachige Version des Textes, die der von Jeffrey Sammons herausgegebenen kommentierten Fassung der Protokolle zugrunde liegt, erschien bis 1933 in dreiunddreißig Auflagen. 1929 hatte die NSDAP die Rechte erworben, eine reduzierte Ausgabe erreichte bis 1938 22 Auflagen (ebd., S. 21). Das antisemitische Verschwörungsweltbild wurde damit quasi zur Staatsdoktrin des Nationalsozialismus. Der zeitgenössische Versuch des sozialdemokratischen Journalisten lettisch-jüdischer Herkunft Alexander N. Rubinstein, mit seiner 1936 unter dem Pseudonym Alexander Stein (2011 [1936]) in Prag veröffentlichten Schrift Adolf Hitler. Schüler der „Weisen von Zion“ publizistisch dagegen zu halten, ging unter.
Alles in allem: Spätestens um die Wende zum 20. Jahrhundert wurde manifest, dass das Alltagsdenken mit der zunehmenden Steigerung gesellschaftlicher Komplexität nicht Schritt halten konnte. Noch bis ins späte 18. Jahrhundert reichte der traditionale Erfahrungsschatz, um sich in der Welt zurecht zu finden. Was sich nicht einfach erklären ließ, konnte man der weltlichen Obrigkeit und Gott in die Schuhe schieben. Mit der technisch-industriellen und der marktmäßig-kapitalistischen Umwälzung der Verhältnisse ab der Mitte des 19. Jahrhunderts ließ sich die Erfahrung nicht mehr abweisen, dass die alltagsrelevanten Zusammenhänge nicht nur immer weiter reichten und immer dichter wurden, sondern auch zu schwer verstehbaren und kaum verkraftbaren Ergebnissen für die eigene Lebenslage führten. Den gesamten säkularen Entwicklungsschub begleiteten darum sowohl eine pessimistische Kritik der technischen und sozialen Neuerungen, zu finden etwa sehr konzentriert bei Richard Katz (1934)3, als auch ein Lamento über den Verlust der „einfachen“ und „natürlichen“ Verhältnisse. Der gemeinsame Nenner dieser Diskurse ist das Einfachdenken.

4 Das Verschwörungsweltbild der Gegenwart

Der Druck sozialer Komplexität auf die Lebenswelt der Leute entwickelt sich nicht kontinuierlich, sondern tritt in Schüben auf. Einen wesentlichen Faktor stellen mediale Innovationen dar, wie schon infolge des Buchdrucks und dann mit der Entwicklung der Massenpresse seit dem späten 19. Jahrhundert zu beobachten (Jarvis 2023). Ab den 1960er-Jahren erfuhr das Interdependenzbewusstsein einen weiteren solchen Schub infolge der Verbreitung des Massenmediums Fernsehen. Dies manifestierte sich damals allerdings vorerst kaum in einer Renaissance des Verschwörungsdenkens, sondern in gesellschaftlichen Zukunftsentwürfen und experimentellen Lebensweisen, die auf radikale Vereinfachungen der sozialen Verhältnisse zielten. Warum war das so?
Eine tentative Antwort kann bei der Überlegung ansetzen, dass die Ausbreitung von Verschwörungsdenken zwei Bedingungen voraussetzt. Die erste besteht in Kollisionen von komplexen sozialen Prozessen einerseits und handlungslogischem Alltagsdenken andererseits, die zweite in dem befürchteten und/oder tatsächlich eingetretenem Schaden, den die Leute diesen Prozessen zurechnen. Diese beiden Bedingungen halte ich für eine geeignete Grundlage für die Suche nach einer Antwort auf die Frage, warum Verschwörungsdenken nach der Wende zum 20. Jahrhundert und am Beginn des 21. Jahrhunderts Aufschwünge erfuhr, während dies angesichts unzweifelhaft komplexitätssteigernder Globalisierungsprozesse (Hirst et al. 2009) ab den späten 1960ern nicht der Fall war. Zwar machten sich in dieser Zeit komplexe globale Zusammenhänge medial bemerkbar, in den USA und Westeuropa eben vor allem via Fernsehen, wo sich die direkte Beteiligung der USA am Vietnamkrieg ab etwa 1964 und das von US-Präsident Nixon verkündete Ende des Bretton-Woods-Systems am 15. August 1971 („Nixon Schock“) verfolgen ließen. Aber es war zugleich eine Zeit des kollektiven Aufschwungs. Zumindest außerhalb den USA fehlte also die zweite Bedingung: der kollektive Drang, Schuldige für selbst erlittene Schäden zu finden. Als ein zeitgenössisches Ergebnis des Wunsches nach vereinfachten sozialen Verhältnissen jenseits der industriellen Moderne ohne Verlustängste, sondern kombiniert mit Wohlstandsüberdruss, kann man die Hippie-Bewegung verstehen.
Anders ist die Sachlage seit der internationalen Finanzkrise von 2008, dem starken Anstieg der Flüchtlingsströme seit 2015, der COVID-19-Pandemie samt der auf sie reagierenden Politik ab 2020, dem russischen Krieg in der Ukraine seit 2022 und dem Hamas-Israel-Konflikt seit Herbst 2023. Zum einen handelt es sich in all diesen Fällen um das komplexe Zusammenwirken räumlich weit entfernter und vielfältiger Faktoren. Und zum anderen kommen negative lebensweltliche Effekte dazu, die diesen Entwicklungen zugerechnet werden. Zugleich hat sich durch das Internet der „Hier-und-Jetzt-Bereich“ der Lebenswelt wesentlich erweitert (Knoblauch 2017, S. 39 f.). Dazu kommt, dass das Internet auch die Reaktionen darauf, nämlich ein intensiviertes Verschwörungsdenken, sichtbarer gemacht und seine ohnehin starken Abschließungstendenzen verstärkt hat, indem es Räume wechselseitiger Bestätigung und Bestärkung spezifischer Realitätsdeutungen bietet (Butter 2021; Habermas 2022). Logik und Leistungsfähigkeit des Verschwörungsweltbildes lassen sich anhand einer relativ kleinen, aber aktiven Szene gut erklären. Darum geht es jetzt.
Das empirische Material der folgenden Analyse sind Texte aus Online-Plattformen und -journalen: tkp.at, uncut-news.ch und Manova News (bis April 2023 Rubikon. Das Magazin für die kritische Masse). Sie nennen sich selbst „alternative Medien“, in Gegensatz zu den von ihnen so bezeichneten „Mainstream-“ oder „Konzernmedien“. Die täglich veröffentlichten Beiträge beanspruchen in der Regel eine Lesezeit von etwa fünf bis fünfzehn Minuten, meist werden Autorin oder Autor genannt, und meist handelt es sich um Originalbeiträge, durchaus mit Anmerkungsapparat und starker Tendenz zu Referenzen innerhalb der Szene. Uncut News ist insofern eine Ausnahme, als es sich um eine Art Best-of-Sammlung von (manchmal schlecht) übersetzten Texten handelt, überwiegend aus den USA. Es liegt an der Logik des Verschwörungsweltbildes, dass die Texte immer wieder auf dieselben Grundübel der Gesellschaft und dieselben Übeltäter zurückkommen. Darum zeichnet sich die Verschwörungspublizistik durch ein hohes Maß an Redundanz aus. So viel zu den Quellen. Es geht mir hier jedoch nicht um eine Untersuchung dieser Plattformen und schon gar nicht um deren Beurteilung. Vielmehr nutze ich geeignete Textstellen, um die Logik des Verschwörungsweltbildes und ihre Operationsweise zu untersuchen. Damit ist auch keineswegs gesagt, dass diese Plattformen ausschließlich Verschwörungstexte präsentieren.

4.1 Das Handlungszentrum: Die Supermächtigen

Das zentrale Merkmal des Verschwörungsweltbilds ist, wie oben erwähnt, dass alle erklärungsbedürftigen Phänomene auf ein sie verursachendes Handlungszentrum und dessen Intentionen zurückgeführt werden. In einem Rubikon-Artikel zur Corona-Krise heißt es dementsprechend: „Eine gesellschaftliche Katastrophe passiert nicht zufällig. Immer lassen sich Ursachen ausfindig machen. Und verfolgt man eine Kausalkette bis an ihren Anfang, kommt man bei einer Person oder Personen an.“ (Schott 2022) Als Handlungszentrum, bei dem diese Welterklärung beginnt, werden „die Superreichen“, „Supermächtigen“4 oder schlicht „die Eliten“ genannt. Sie lenken das Weltgeschehen: „Eine Klasse selbsternannter Weltherrscher zwingt uns ihre Vorstellungen einfach auf.“ (Feistel 2021) Für die personelle Besetzung dieses Zentrums bieten sich Versatzstücke des Alltagswissens und diverse Stereotype an: Wahlweise handelt es sich dabei um die Bill und Melinda Gates Stiftung, die WHO, die Weltbank, Rockefeller, Rothschild, die „Ostküste“, „die Davos-Clique“ mit dem WEF-Gründer Klaus Schwab an der Spitze. Meist reichen sie samt ihrer Machtlust, Geldgier und Kontrollsucht als nicht weiter begründungsbedürftiger Ausgangspunkt der verschwörungsdenkerischen Welterklärungen aus.
Nur in einigen wenigen Fällen führt die Handlungslogik des Einfachdenkens noch einen Schritt über die machtgeile Elite hinaus zu einem quasi transzendenten Ausgangspunkt allen Erklärens. „Die Wahrheit“ wird dann darin gesehen, „dass diese kleine Elite von Millionären eigentlich eine satanische Sekte von Luziferanbetern ist. Sie haben sich an Satan verkauft und sind ihm völlig ausgeliefert.“ (Uncut News 2023a; vgl. auch Markow 2021) Das Handlungszentrum, die „selbsternannte“ Elite, bedient sich der nationalen Regierungen und diverser internationaler Organisationen, die sie völlig unter Kontrolle hat. Als absoluter Bezugspunkt für die Erklärung alles Weltgeschehens wird die jüdische Familie Rothschild zwar seltener erwähnt als etwa Bill Gates, doch bricht die Disposition des Verschwörungsdenkens zum Antisemitismus immer wieder durch. „Die Geldeliten ziehen die Fäden im Hintergrund.“ (Froschauer 2023) Da im Einfachdenken Personalisierung und die Zuschreibung von Schuld angelegt sind, bietet das Verschwörungsweltbild Anschlussmöglichkeiten für antisemitische Stereotype (ausführlicher dazu: Vobruba 2024).

4.2 Intendierte Komplexität

Die Komplexität der modernen sozialen Verhältnisse wird nicht reflektiert, sondern beklagt und ins Verschwörungsweltbild integriert. „Da ist die scheinbare Abhängigkeit von einem Finanzsystem, was (sic!) sich unserer Regulierung längst entzogen hat, und von einer Energieversorgung, die nicht aus der Fülle kommt, sondern aus der fragilen Übereinkunft kriegslüsterner Machtinhaber.“ (Zeller 2022) Die Unübersichtlichkeit der sozialen Verhältnisse gilt ihnen jedoch nicht als Ergebnis historischer Emergenzen; Komplexität sehen sie im Gegenteil selbst als eine Strategie der Supermächtigen zur Verschleierung ihrer wahren Absichten. Dies wird vor allem mit Blick auf das Geldsystem immer wieder ausbuchstabiert: „Weil 99 Prozent aller Menschen das Finanzsystem nicht durchschauen, können diejenigen, die es verstehen, sehr viel Geld mit ihrem Geld verdienen, leichter als mit irgendeiner anderen wirtschaftlichen Tätigkeit.“ (Kenius 2023) Und da man weiß, wem die Komplexität des Finanzsystems nützt, ist auch klar, wer sie inszeniert hat. Komplexität ist ein „Versklavungstrick“ (Geese 2023a) der Drahtzieher des gegenwärtigen Kapitalismus.
Die unterschiedlichsten Manifestationen von verwirrender Komplexität werden folgerichtig mit sarkastischem Grundton als „Zufälle“ bezeichnet: „Das alles ist natürlich Zufall. Zufällig herrscht ein Chaos, in dem wir nicht mehr wissen, ob wir Mann oder Frau sind, Einheimischer oder Fremder, Hausbesitzer oder zukünftiger Obdachloser. Zufällig drohen einem großen Teil der deutschen Bevölkerung dem Klima zuliebe Verarmung und Enteignung.“ (Chavent 2023) Der Sarkasmus ergibt sich aus der verschwörungsdenkerischen Überzeugung, dass es „in Wahrheit“ keine Zufälle, sondern nur Vorfälle gibt, die gezielt zur Überforderung der Allgemeinheit produziert werden. Im Rahmen eines Weltbildes, in dem alles intendiert ist, ist das nur konsequent: All das Chaos ist gewollt. Die Komplexität von sozialen Verhältnissen, welche handlungslogische Erklärungen ins Leere laufen lässt, wird selbst zum Ergebnis einer Intention erklärt. Im Verschwörungsweltbild wird soziale Komplexität von der Logik des Einfachdenkens unterlaufen.

4.3 Der Plan der Supermächtigen

Im Einfachdenken bedeutet Erklären immer, auf die Intentionen eines Handlungszentrums zu rekurrieren. Darum hat das Handlungszentrum einen Plan. Wenn man etwa die Agenda 21 der UN aus dem Jahr 1992 nur richtig liest, ist schon aus ihr ein „Fahrplan für den globalen Totalitarismus“ (Uncut News 2022c) ersichtlich. Das Ziel der Supermächtigen ist eine neue Weltordnung: „ALLE Systeme der Welt sollen ‚harmonisiert‘ und unter die Kontrolle einer zentralen Instanz gebracht werden.“ (ebd.) Meist ist in der Verschwörungspublizistik vom Masterplan der Supermächtigen unter der Chiffre „Great Reset“, einer Uminterpretation einer Leitvokabel des World Economic Forum in Davos, die Rede (Milošević und Gutierrez 2022). Da der „Great Reset“ als Masterplan der Supermächtigen für die Beherrschung der Welt angesehen wird, werden ihm alle Großereignisse der letzten Jahre als Durchsetzungsinstrumente zu dessen Umsetzung zugeordnet und so in das Verschwörungsweltbild integriert. Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Hamas-Israel-Konflikt – alles Inszenierungen der Supermächtigen, um Angst zu erzeugen und zu disziplinieren, um die Leute leichter regierbar zu machen. Im „Great Reset“, wie ihn die Verschwörungspublizistik versteht, laufen all diese Inszenierungen in einer vage umschriebenen Dystopie zusammen: Herrschaft des „Finanzkapitals“ mittels transnationaler Organisationen, immense Vermögenskonzentration, Abschaffung des Privateigentums für die überwiegende Mehrheit, Einführung einer digitalen Weltzentralbankwährung, Verschiebung der Realität ins „Metaverse“, rassen- und bevölkerungspolitische Eingriffe in die Demographie der europäischen Gesellschaften. Die Suche nach dem „dunklen Ursprung von Schwabs ‚Great Reset‘-Agenda“ endet im Raunen über Zusammenhänge zwischen (unter anderem) David Rockefeller, dem Club of Rome, Al Gore und einem „Temple of Understandig of the Lucifer Trust“ (Mayer 2022).
In den dramatischsten Versionen des Plans der Supermächtigen wird entweder die Bevölkerung drastisch reduziert oder Subjektivität überhaupt abgeschafft. Für den Plan zur Reduzierung der Weltbevölkerung werden als Beleg meist Publikationen zu ökologischen Folgeproblemen des weltweiten Bevölkerungswachstums herangezogen. Daran anschließend werden Reduktionspläne der Supermächtigen entlarvt, die in diesem Zusammenhang oft „Transhumanisten“ genannt werden. Die Pläne laufen entweder auf weniger Geburten oder auf mehr Todesfälle hinaus. „Europa wird 2045 unfruchtbar sein! Die vorgefertigte Lösung der Transhumanisten: Menschen-Produktion im Gen-Labor! Und das ist leider keine Verschwörungstheorie. Unter diesem Gesichtspunkt ergeben alle künstlich aufgebauschten Themen wie Klima-Panik, Gender-Homo-Propaganda und mRNA-Injektionen plötzlich einen furchtbaren Sinn.“ (Uncut News 2022b) Der „Versuch eines weltweiten Völkermords“ wird oft mit Ökologiepolitik kurzgeschlossen: „Die Ausrottung von Menschen ist zum Mittel geworden, um den Planeten zu retten.“ (Roberts 2023a; vgl. auch Uncut News 2022a; Sander-Faes 2023) Hinter solchen Plänen zur aktiven Eliminierung von uns „Überzähligen“ (Matuschek 2023) stecken die geläufigen Personifizierungen des Bösen. „Da die Menschen auf der ganzen Welt so dumm sind und so blindlings der Autorität vertrauen“, meint der ehemalige US-Vize-Finanzminister und „Reaganomics“-Ideengeber Paul Craig Roberts (2023a), „können wir verstehen, warum der satanische Bill Gates und der satanische Klaus Schwab zuversichtlich sind, dass sie die Weltbevölkerung erfolgreich reduzieren und ihren Großen Reset durchführen können.“
In vielfältigen Varianten wird vor der Abschaffung des freien Willens und vor „Gedankenkontrolle“ (West 2023) durch implantierte Chips oder Ähnliches gewarnt. „Insgesamt wollen die Transhumanisten den Menschen ‚upgraden‘. Die mRNA-Injektionen sind dabei nur ein allererster Schritt. Wir sollen genetisch verändert werden, Nano-Roboter in die Blutbahnen geschleust bekommen. Sie wollen uns Chips implantieren, uns mit Maschinen verschmelzen und durch künstliche Intelligenz unsere Gehirnströme lenken.“ (Angerer 2022) Und es bleibt nur noch kurze Zeit, um die Subjektivität und damit die Möglichkeit zu freien Willensentscheidungen zu retten. Die Kombination von apokalyptischen Aussichten und beschworener Dringlichkeit ergibt einen starken Handlungsdruck und rechtfertigt auch extreme Mittel der Gegenwehr (Vobruba 2023, 2024).

4.4 Verschleierung

Die Macht der Supermächtigen drückt sich im Verschwörungsweltbild auch darin aus, dass sie in der Lage sind, ihre Absichten vor den Leuten zu verschleiern. Das setzt voraus, dass den Mächtigen umfassende Möglichkeiten der Manipulation des Bewusstseins der Beherrschten zugeschrieben werden. Daraus ergeben sich im Rahmen des Verschwörungsweltbildes drei Anschlussfragen: Erstens muss erklärt werden, auf welche Weise sich die Herrschenden des Bewusstseins der Beherrschten bemächtigen. Die Antwort läuft auf die Annahme eines immensen Einflusses der „Mainstream-Medien“ und auf maßlose Medienkritik („Lügenpresse“, Journalisten als „quakende Maulhuren“) hinaus. Zweitens muss plausibel gemacht werden, wieso man selbst von dieser umfassenden Manipulation ausgenommen ist, sie vielmehr durchschaut. Und drittens steht die Verschwörungspublizistik angesichts allumfassender Manipulation vor der Frage, was überhaupt noch Wirklichkeit ist.
Erstens: „Was wir wissen, ist, dass wohlhabende und mächtige Interessen die Medien weltweit kontrollieren.“ (Mercola 2022) Journalistinnen und Journalisten, so lautet der daran anschließende Vorwurf, machen dabei freiwillig mit. Darum besteht ein wesentlicher Teil der Verschwörungspublizistik in deren maßloser Kritik. „Das ist der heutige Journalismus“, konstatiert ein Rubikon-Artikel mit Blick auf die Pandemie: „eine Allianz von Mittätern und verspäteten Besserwissern, eine Mischung aus Mob-Kultur und ‚gang violence‘“ (Matuschek 2022). So, wie es im Verschwörungsweltbild nicht darum geht, die eine oder andere Verschwörung aufzudecken, sondern die Welt insgesamt als von einer Verschwörung beherrscht zu interpretieren, geht es auch nicht darum, „die Herrschenden“ und ihre journalistischen Helfershelfer bei der einen oder anderen Lüge zu ertappen, sondern darum, die von den Leitmedien zu verantwortende Wirklichkeitskonstruktion insgesamt infrage zu stellen.
Zweitens: Ganz abgesehen davon, dass die Realität, die in das Verschwörungsweltbild eingepasst wird, selbst aus den Massenmedien stammt – woher auch sonst? (Luhmann 2009) –, führt die Entlarvungsattitüde in eine prinzipielle Schwierigkeit. Wie kann man wissen, dass „das Ganze das Falsche ist“ (van Rossum 2023), wenn man doch zu diesem Ganzen dazugehört? Wie kann es im Rahmen einer umfassenden Verschwörung Wissen über die Verschwörung geben?5 Die Paradoxie kann nur durch einen Bruch mit der Logik des Verschwörungsweltbildes aufgelöst werden. Die schlichte Antwort lautet, dass die Verschwörung eben doch nicht total ist. Man könne die Machenschaften der „Herrschenden“ also erkennen, wenn man nur wolle. Darum polemisiert die Verschwörungspublizistik gegen die Mehrheit, die von ihrer „Aufklärung“ nichts wissen will, gegen „die Schlafschafe“: „Das eigentliche Problem ist jedoch die fremdgesteuerte Herde, die sich gemächlich grasend immer weiter in Richtung Abgrund bewegt.“ (Froschauer 2023)
Drittens: Dem Verschwörungsdenken sind die „Mainstream-Medien“ einerseits unverzichtbare Informationsquelle, andererseits verachtetes Manipulationsinstrument. Dieser Zwiespältigkeit entspricht die Einstellung zur Wirklichkeit insgesamt. Einerseits beruht das Verschwörungsweltbild auf einigen konstitutiven Überzeugungen davon, was Wirklichkeit ist. Andererseits besteht stets der Verdacht, dass alles nur „Konstruktion“ und Inszenierung der Herrschenden ist. Werden unbeschränkte Macht und unbegrenzte Manipulationsmöglichkeiten zusammen gedacht, resultiert daraus eine fundamentale Unsicherheit darüber, was wirklich wirklich ist (Vobruba 2024). Im Verschwörungsweltbild ist es daher immer möglich, dass die augenscheinliche Wirklichkeit durch eine noch wirklichere Wirklichkeit widerlegt wird. Paradigmatisch zeigte sich das in der Frühphase der Pandemie: „Im März 2020 kollabierte die uns bekannte Realität.“ (van Rossum 2023) Die Überzeugung, die Wirklichkeit sei von den Supermächtigen umfassend gefälscht, führt einerseits zu epistemischer Beliebigkeit, auf deren Grundlage man sich aus der Gesellschaft hinausphantasieren kann und muss. Wie sonst wird man den Verdacht los, selbst Bestandteil der Inszenierung der Supermächtigen zu sein? Sie führt aber andererseits auch dazu, dass letztlich verschwimmt, was man noch als gegeben voraussetzt, wogegen man opponiert und wer man selbst ist. Aber schlicht um schreiben zu können, muss zumindest die Autorin bzw. der Autor sich vom umfassenden Manipulationsverdacht selbst ausnehmen (Bogner 2021, S. 72). „Es gibt uns“ liest sich vor dem Hintergrund einer „Fälschung der Welt“ (van Rossum 2023) auch als verzweifelter Versuch der Selbstvergewisserung gegen den laufend drohenden Verlust der Wirklichkeit. Mit dem Schritt zu der Überzeugung, „dass wir Figuren in einer hoch entwickelten virtuellen Welt sind“ (Uncut News 2023b), ist die Wirklichkeit dann endgültig verloren und mit dem reinen Schein identisch geworden. Es lässt sich im Verschwörungsweltbild kein Grund dafür aufbringen, warum die Supermächtigen dazu nicht in der Lage sein sollten.

4.5 Eine erbarmungslose Logik

Da in der Logik des Verschwörungsweltbildes alles auf ein Handlungszentrum zurückgeführt wird, kann es keine einander widersprechenden Fakten geben. Drängt sich der Eindruck dennoch hartnäckig auf, so kann es sich nur auf den ersten Blick um einen Widerspruch handeln. Hinter den Fakten muss etwas wirken, das den Widerspruch versöhnt. „Nichts ist, wie es scheint“ (Butter 2018), auch fundamentaler Konflikt nicht. Darum muss etwa der Hamas-Israel-Konflikt wenn nicht direkt als Instrument, so zumindest als Gelegenheit gedeutet werden, den Great Reset voranzutreiben: „Es gibt bereits viele Diskussionen in alternativen Medienkreisen über die Natur der Hamas. Inwieweit wurden sie von Israel geschaffen oder zumindest zugelassen? Und wie weit erstreckt sich dies auf den ‚Überraschungsangriff‘ selbst?“ (Knightly 2023) Die Logik des Verschwörungsweltbildes diktiert die Antwort: „Der Hamas-Angriff vom 7. Oktober war der Startschuss eines Komplotts, das von US Neokonservativen und Netanyahu geschmiedet wurde, um die US-Angriffe auf die Unterstützer der Hisbollah zugunsten eines Groß-Israels zu erneuern.“ (Roberts 2023b) Man muss hier zwar einwerfen, dass diese Auffassung in der Verschwörungsdenker-Szene wohl nur von wenigen geteilt wird. Nur: Wie baut man in das Verschwörungsweltbild einen Konflikt ein, der nicht von den Supermächtigen orchestriert ist? In der Logik des Verschwörungsweltbildes kann der Rückgriff auf das Handlungszentrum nicht nur alles erklären, er muss alles erklären.
Dass auch der Ukrainekrieg einem zentralen Skript folgt, gilt ebenfalls als gesichert. Es handelt sich für das Verschwörungsdenken entgegen alle Evidenz um einen „Krieg, bei dem die gegnerischen Parteien hinter den Kulissen gleichlautende Strategiepapiere veröffentlichen, welche einer neuen internationalen Ordnung unter Führung der UN das Wort reden.“ (Regenauer 2022) Sogar Biden und Putin stecken für den Autor also in Wahrheit unter einer Decke. Für das Verschwörungsdenken ist es gar nicht anders denkbar, denn es bringt alles in die einfache Ordnung von Intention = Effekt, wobei hinter jedem Konfliktgeschehen letztlich der maliziöse Konsens der Herrschenden steht. Diesen wird eine grenzenlose manipulative und inszenatorische Kompetenz unterstellt, ihre technischen und dramaturgischen Ressourcen werden geradezu grotesk überschätzt. So wird selbst der Zweite Weltkrieg zu einer zentral orchestrierten Veranstaltung zwecks Durchsetzung des Faschismus gemacht: „Nein, der 8./9. Mai ist wahrlich kein Tag des Sieges; der Faschismus wurde nicht besiegt, ihm wurde der rote Teppich ausgerollt.“ (Naujeck 2022) Die Logik ist erbarmungslos.

5 Reaktionsmuster

5.1 Angriff

Der Anspruch, privilegierte Kenntnis von den Absichten der Supermächtigen zu haben, und die Überzeugung, dass nur noch wenig Zeit bleibt, diese Machenschaften zu durchkreuzen, erzeugt Handlungsdruck. Wenn die Supermächtigen jedoch unerreichbar sind, können sich Aktionsphantasien nicht gegen sie, sondern nur gegen ihre Handlanger richten. Und so ist es auch. Die Überzeugung, sich im (End‑)Kampf des Guten („Wir“) gegen das Böse („Sie“) zu befinden, verbindet den Handlungsdruck mit einer uneindeutigen Haltung zu Gewalt. Ganz überwiegend wird Gewaltfreiheit normativ gefordert oder zumindest als taktisch geboten bezeichnet: „Es ist nachgewiesen, dass gewaltfreier ziviler Ungehorsam deutlich effektiver ist als gewaltsamer.“ (Matuschek 2021) Allerdings kann der Gewaltverzicht unter Vorbehalt gestellt und zur latenten Drohung werden: „Gewaltfreie Konfliktaustragung ist zunehmend schwer vorauszusehen. Repression fordert jede Widerstandsbewegung heraus; es ist aber weder vorhersagbar, ob sie gewaltfrei bleiben wird, noch welches Ergebnis die Repression bringt.“ (Wiechert 2021) Jedenfalls erfordern die umfassenden Machenschaften der Supermächtigen „die Ausweitung der Kampfzone“, und es geht um Alles: „Wir haben Gegner, eisige Akteure, die an der Zerlegung der Welt arbeiten, um sie nach ihren Plänen neu zu errichten.“ (van Rossum 2023) „Wir“ befinden uns im Kampf gegen „Sie“.

5.2 Ausstieg

Wenn das supermächtige Handlungszentrum die Gesellschaft beherrscht und unerreichbar ist, ist der Ausstieg aus der Gesellschaft die konsequente Reaktion:
Liebe Menschen, die ihr hier mitmacht: Ich verstehe euch nicht. Diese Welt ist nicht mehr meine. […] Ich habe meinen Platz hier auf dieser Erde. Niemand muss ihn mir geben. Ich nehme ihn mir selbst. Ich brauche keinen Aufpasser, keinen Arzt, keinen Wissenschaftler, keinen Lehrer, keinen Politiker, keinen Geistlichen, der über mein Leben bestimmt. Ich mache das selber. Ich kann das. Denn ich bin ein Mensch! (Chavent 2021)
Wohin führen die Ausstiegsphantasien? Wieder verbindet sich die Sehnsucht nach Vereinfachung der sozialen Verhältnisse mit Kritik des Großstadtlebens und der Idealisierung des Lebens auf dem Lande. Wie in den 1910er und 20er-Jahren werden die „Verhältnisse des Großstadtlebens“ beklagt: „Wohlstandsverwahrlosung, Reizüberflutung und Bewegungsmangel“ (Triebener 2023). Landleben heilt, „die metaphorische ‚Scheiße‘, mit der wir in der Berufswelt und im öffentlichen Leben tagtäglich zu tun haben“ (ebd.), wird durch Stallarbeit und echte Kuhfladen ersetzt. Auch der Wald als Sehnsuchtsort und Kraftquelle findet sich wieder. Die Ausstiegsphantasien aus der komplexen Gesellschaft bestehen im Wesentlichen aus Aufrufen zu Bescheidenheit und Entwürfen zu einer Selbstversorger-Ökonomie. Die durch die Russlandsanktionen „der Herrschenden“ mit Absicht herbeigeführte Energie- und Versorgungskrise wird zur Gelegenheit, Konsumeinschränkungen zu lernen:
Daher müssen wir die Versorgung selbst übernehmen. Wir müssen uns auf lokaler Ebene zusammentun, um diese sicherzustellen. Dazu kann man Netzwerke solidarischer Landwirtschaft bilden, in denen die Menschen vor Ort den Landwirten das für den Anbau benötigte Geld zur Verfügung stellen und dafür im Gegenzug, abhängig von der Jahreszeit, die angebauten Erzeugnisse erhalten. Noch besser wäre ein System, das ohne Geld funktioniert, denn auch dieses bedeutet Abhängigkeit, da sich immer die Frage stellt: Woher kommt das Geld? (Feistel 2022)
Wie in den diversen Lebensreformbewegungen des 20. Jahrhunderts wird betont, „wie wichtig die Gemeinschaft ist, und wie sehr diese in der modernen Zivilisation fehlt.“ (Gratias 2022) Ebenso wie damals geht es bei dieser Anrufung von „Gemeinschaft“ (Vobruba 1986) indes nicht um den Entwurf einer praktikablen Lebensform, sondern um rückwärtsgewandte Gesellschaftskritik. Angestrebt wird die Flucht vor der Komplexität der modernen Gesellschaft in einfache Verhältnisse, welche allerdings die Möglichkeit autoritärer Herrschaft von „Uns“, den Guten, einschließt.

5.3 Folgen

Hat das Verschwörungsweltbild für Institutionen und Personen tatsächlich Folgen? Nennenswerte Auswirkungen für die institutionelle politische Ordnung sind wenig wahrscheinlich. Die handlungslogische Anlage des Verschwörungsweltbildes steht der Entwicklung eines differenzierten Verständnisses von Institutionen im Weg. Wer alles, was der Fall ist, auf das Wirken von Intentionen zurückzuführt, muss Institutionen zu deren Instrumenten reduzieren. Die Komplexität von Institutionen, deren Bestandsvoraussetzungen, Eigendynamiken und Entwicklungsbedingungen, bleiben unverstanden. Für das Verschwörungsdenken selbst ist das freilich kein Fehler: „Wenn das Ganze das Falsche ist, dann müssen wir das Ganze ins Visier nehmen.“ (van Rossum 2023) Da die sozialen Verhältnisse von den Supermächtigen umfassend gestaltet werden, sind sie insgesamt schlecht und nicht reformfähig. Dem Populismus verwandt (Vobruba 2020, S. 140 ff.), richten sich die verschwörungsdenkerischen Vorstellungen gegen Institutionen und haben wenig Verständnis für das Repräsentationsprinzip: „[W]ie kann ein Teil eines Volkes ein ganzes Volk regieren? Das ist doch absurd!“ Ihre politischen Utopien enden bei der unmittelbaren Selbstregierung des „Volkes“: „[B]ei wichtigen Entscheidungen entscheidet das Volk. Direkt. Immer.“ (Geese 2023b) Strategiefähige politische Ideen finden sich nicht. Ebensowenig kommen Ideen zu einer alternativen Organisation der Ökonomie über Nischenexistenzen im Miniformat hinaus.
Die Folgen auf personaler Ebene sind erheblicher. Das Verschwörungsweltbild verschafft Orientierung und Beunruhigung. Warum? Seine Leistungsfähigkeit ist gewaltig, da es alles seiner Logik subsumieren und erklären kann. Das schafft eine einfache und umfassende Orientierung: Alles ist letztlich das Ergebnis der Intention der Supermächtigen. Und genau das macht zugleich die Beunruhigung aus: Sie sind böse und unerreichbar. Das Verschwörungsweltbild hat also einen paradoxen Effekt. Es schafft Orientierungssicherheit, steigert aber das Gefühl existenzieller Unsicherheit. Denn der Rekurs auf ein absolutes Handlungszentrum erklärt zwar „alles“, muss dies aber mit der Auskunft verbinden, dass man ihm ausgeliefert ist. Daraus entsteht ein sich selbst verstärkender Mechanismus: Der umfassende Verdacht gegen vorhandene Institutionen und „Mainstream“-Erklärungen zerstört das Vertrauen in Expertinnen für die Bewältigung von Problemen jeglicher Art (Reuther 2022), liefert Verschwörungsgläubige in ihrem Alltag darum verstärkt systemischer Komplexität aus und zwingt sie, auf Misstrauen zu setzen.6 Dadurch gerät eine Spirale von Misstrauen und Abschottung in Gang. „Wer mißtraut, braucht mehr Informationen und verengt zugleich die Informationen, auf die zu stützen er sich getraut. Er wird von weniger Informationen stärker abhängig.“ (Luhmann 1973, S. 79) Genau das lässt sich bei den Vertretern des Einfachdenkens beobachten. Beunruhigung und Misstrauen werden noch dadurch gesteigert, dass die Anbieter von Verschwörungserzählungen zu Alarmismus neigen, da sie untereinander um Aufmerksamkeit des Publikums konkurrieren müssen – insbesondere dann, wenn die einschlägige Textproduktion ihre Einkommensquelle ist. Vorfälle der letzten Zeit zeigen, dass Einzelne oder kleine Gruppen dadurch unter (letztlich für sie selbst) fatalen Handlungsdruck geraten können.7

6 Resümee

Die Leistungsfähigkeit des Verschwörungsweltbildes verdankt sich seiner Geschlossenheit. Ich rufe die Operationsweise des Einfachdenkens noch einmal in Erinnerung: Jedes erklärungsbedürftige Phänomen wird erst einem Handlungszentrum, den Supermächtigen, zugerechnet, das immer schon feststeht. Dann wird das Phänomen mit der Intention des Handlungszentrums ursächlich erklärt. Die Intention wird aus dem Effekt erschlossen, und der Effekt auf die Intention zurückgeführt. Die dem Einfachdenken zugrunde liegende Logik der Handlung erzwingt diese Zirkularität. Daraus ergeben sich mehrere Konsequenzen:
1.
Das Verschwörungsdenken entfaltet eine eigentümliche Anziehungskraft, da sich tatsächlich alles ins Verschwörungsweltbild integrieren und, wenn auch tautologisch, erklären lässt. Es stellt darum gerade in Zeiten gesteigerter Orientierungsprobleme ein verlockendes Angebot dar. Dies folgt aus seiner Logik und begründet die Leistungsfähigkeit des Verschwörungsweltbildes.
 
2.
Die Leistung des Verschwörungsweltbildes besteht im Kern darin, die Komplexität der Welt der Moderne, die von den Leuten als lebensweltliche Zumutung wahrgenommen wird, in einfache Handlungszusammenhänge umzuinterpretieren. Dies bedeutet die Personalisierung von Prozessen aller Art. Daraus ergeben sich für alle erklärungsbedürftigen Sachverhalte Verursacher und damit benennbare Schuldige.
 
3.
Da im Verschwörungsweltbild alle Übel dieser Welt auf ein mächtiges Handlungszentrum zurückführbar sind, vermittelt es eine manichäische Weltsicht. Die Supermächtigen gestalten die Welt nach ihren üblen Intentionen auf unsere Kosten. „Sie“ sind gegen „Uns“. Dies mündet in die Überzeugung, dass unter hohem Zeitdruck Jetzt-oder-Nie-Entscheidungen zu treffen sind und legt Gegenwehr nahe.
 
4.
Trotz seiner umfassenden Orientierungsleistung vermittelt das Verschwörungsweltbild keine Beruhigung. Damit sich alles mit den Intentionen der Supermächtigen erklären lässt, muss ihnen Omnipotenz zugeschrieben werden. Daraus folgt, dass sie der Gesellschaft weit entrückt und praktisch unerreichbar sind. Will man sich gegen die Machenschaften der Supermächtigen wehren, kann man sich allenfalls an jene halten, die man als ihre Handlanger ansieht.
 
Uneindeutigkeiten, Konflikte und Krisen sind in der modernen Gesellschaft normal. In ihnen manifestiert sich die Komplexität der Welt der Moderne. Sie wird in dem Maße zum lebensweltlichen Problem, in dem sie die Identitäten, Orientierungen und Existenzen der Leute destabilisiert und damit ihr Alltagsleben ernsthaft stört. Das ist gegenwärtig unübersehbar der Fall. Das Verschwörungsweltbild ist Ausdruck der Sehnsucht nach Erlösung von all diesen Problemen. Seine Kritik und Alternativentwürfe bezeugen die Sehnsucht nach drastisch vereinfachten sozialen Verhältnissen und erweisen sich damit als rückwärtsgewandte Reaktion auf die Moderne.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

Unsere Produktempfehlungen

Berliner Journal für Soziologie

Das Berliner Journal für Soziologie veröffentlicht Beiträge zu allgemeinen Themen und Forschungsbereichen der Soziologie sowie Schwerpunkthefte zu Klassikern der Soziologie und zu aktuellen Problemfeldern des soziologischen Diskurses.

Fußnoten
1
Die Definition der englischen Wikipediaseite lautet: „A conspiracy theory is an explanation for an event or situation that asserts the existance of a conspiracy by powerful and sinister groups, often political in motivation, when other explanations are more probable.“ Eine ähnliche Definition bietet das Oxford English Dictionary: Eine Verschwörungstheorie beinhalte, „that an event or phenomenon occurs as a result of a conspiracy between interested parties; spec. a belief that some covert but influential agency (typically political in motivation and oppressive in intent) is responsible for an unexplained event.“ Vgl. auch Dentith 2014; Butter 2018; Stumpf und Römer 2020.
 
2
Man muss immer wieder betonen: Ferdinand Tönnies’ Gegenüberstellung von „Gemeinschaft“ und „Gesellschaft“ ließ sich reaktionär ausbeuten. Aber er war kein reaktionärer Gemeinschaftsideologe.
 
3
Der Titel des Buches von Richard Katz, Drei Gesichter Luzifers. Lärm, Maschinen, Geschäft, klingt für heutige Ohren nach dem Pamphlet eines reaktionären Sonderlings. Katz war aber zu seiner Zeit ein sehr populärer Reiseschriftsteller und durchaus kein Reaktionär.
 
4
„‚Supermächtige‘ sind in der Regel superreiche Individuen, die über multinationale Organisationen wie Firmen oder Stiftungen organisiert sind und durch Erbe und die Mechanismen des ‚The winner takes it all capitalism‘ zu ihrer Stellung gekommen sind. Als Durchsetzungsorganisationen dienen Think Tanks, Stiftungen, internationale Organisationen, Politiker, Lobbyisten, Lehr- und Bildungssysteme, Finanzorganisationen und Geld.“ (Markhoff 2021)
 
5
Darum muss sich der umfassende Verschwörungsverdacht auch gegen seine Urheber wenden: „Das Gerücht, dass Eliten uns beherrschen, haben diese wahrscheinlich selbst in die Welt gesetzt.“ (Ramser 2022)
 
6
Manche Warnungen vor den Folgen von COVID-19-Impfungen gehen sehr weit und beziehen sich sogar auf das Jenseits: „Schlimmstenfalls können verstorbene Injizierte als erdgebundene Seelen ohne Zugang zu Transzendenz oder Reinkarnation darben.“ (Meyer 2022) Viele Texte laufen auf dramatische Untergangsprognosen hinaus und hängen dann unvermittelt irgendwie ein „Es besteht noch Hoffnung“ an.
 
7
Vgl. zum Beispiel den Bericht von Gianna Niewel und Annette Ramelsberger (2023) über den Prozess gegen die Gruppe „Vereinte Patrioten“.
 
Literatur
Zurück zum Zitat Balog, A. (2001). Neue Entwicklungen in der soziologischen Theorie. Stuttgart: Lucius & Lucius. Balog, A. (2001). Neue Entwicklungen in der soziologischen Theorie. Stuttgart: Lucius & Lucius.
Zurück zum Zitat Balog, A. (2006). Soziale Phänomene. Identität, Aufbau und Erklärung. Wiesbaden: Springer VS. Balog, A. (2006). Soziale Phänomene. Identität, Aufbau und Erklärung. Wiesbaden: Springer VS.
Zurück zum Zitat Benz, W. (2007). Die Protokolle der Weisen von Zion. Die Legende von der jüdischen Weltverschwörung. München: C. H. Beck. Benz, W. (2007). Die Protokolle der Weisen von Zion. Die Legende von der jüdischen Weltverschwörung. München: C. H. Beck.
Zurück zum Zitat Blumenberg, H. (1981). Die Genesis der kopernikanischen Welt. 3 Bde. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Blumenberg, H. (1981). Die Genesis der kopernikanischen Welt. 3 Bde. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Bogner, A. (2021). Die Epistemisierung des Politischen. Wie die Macht des Wissens die Demokratie gefährdet. Stuttgart: Reclam. Bogner, A. (2021). Die Epistemisierung des Politischen. Wie die Macht des Wissens die Demokratie gefährdet. Stuttgart: Reclam.
Zurück zum Zitat Butter, M. (2018). „Nichts ist, wie es scheint“. Über Verschwörungstheorien. Berlin: Suhrkamp. Butter, M. (2018). „Nichts ist, wie es scheint“. Über Verschwörungstheorien. Berlin: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Butter, M. (2021). Verschwörungstheorien: Eine Einführung. Aus Politik und Zeitgeschichte, 71(35–36), 4–11. Butter, M. (2021). Verschwörungstheorien: Eine Einführung. Aus Politik und Zeitgeschichte, 71(35–36), 4–11.
Zurück zum Zitat Clausen, L. (1994). Krasser sozialer Wandel. Opladen: Leske + Budrich.CrossRef Clausen, L. (1994). Krasser sozialer Wandel. Opladen: Leske + Budrich.CrossRef
Zurück zum Zitat Dentith, M. R. X. (2014). The philosophy of conspiracy theories. Basingstoke: Palgrave Macmillan.CrossRef Dentith, M. R. X. (2014). The philosophy of conspiracy theories. Basingstoke: Palgrave Macmillan.CrossRef
Zurück zum Zitat Dilling, N., Schließler, C., Hellweg, N., Brähler, E., & Decker, O. (2022). Wer sind die Verschwörungsgläubigen? In O. Decker, J. Kiess, A. Heller & E. Brähler (Hrsg.), Autoritäre Dynamiken in unsicheren Zeiten. Neue Herausforderungen – alte Reaktionen? Leipziger Autoritarismus Studie 2022 (S. 209–244). Gießen: Psychosozial.CrossRef Dilling, N., Schließler, C., Hellweg, N., Brähler, E., & Decker, O. (2022). Wer sind die Verschwörungsgläubigen? In O. Decker, J. Kiess, A. Heller & E. Brähler (Hrsg.), Autoritäre Dynamiken in unsicheren Zeiten. Neue Herausforderungen – alte Reaktionen? Leipziger Autoritarismus Studie 2022 (S. 209–244). Gießen: Psychosozial.CrossRef
Zurück zum Zitat Dux, G. (2017). Die Evolution der humanen Lebensform als geistige Lebensform. Handeln, Denken, Sprechen. Gesammelte Schriften, Bd. 1. Wiesbaden. Springer VS.CrossRef Dux, G. (2017). Die Evolution der humanen Lebensform als geistige Lebensform. Handeln, Denken, Sprechen. Gesammelte Schriften, Bd. 1. Wiesbaden. Springer VS.CrossRef
Zurück zum Zitat Dux, G. (2019). Historisch-genetische Theorie der Gesellschaft. Gesammelte Schriften, Bd. 13. Wiesbaden: Springer VS.CrossRef Dux, G. (2019). Historisch-genetische Theorie der Gesellschaft. Gesammelte Schriften, Bd. 13. Wiesbaden: Springer VS.CrossRef
Zurück zum Zitat Engels, F. (1970) [1845]. Die Lage der arbeitenden Klasse in England. Marx-Engels-Werke, Bd. 2 (S. 225–506). Berlin: Dietz. Engels, F. (1970) [1845]. Die Lage der arbeitenden Klasse in England. Marx-Engels-Werke, Bd. 2 (S. 225–506). Berlin: Dietz.
Zurück zum Zitat Habermas, J. (2022). Ein neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit und die deliberative Politik. Berlin: Suhrkamp. Habermas, J. (2022). Ein neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit und die deliberative Politik. Berlin: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Hardin, R. (1993). The street-level epistemology of trust. Politics & Society, 21(4), 505–529.CrossRef Hardin, R. (1993). The street-level epistemology of trust. Politics & Society, 21(4), 505–529.CrossRef
Zurück zum Zitat Hirst, P., G. Thompson, & S. Bromley (2009). Globalization in question. Cambridge: Polity Press. Hirst, P., G. Thompson, & S. Bromley (2009). Globalization in question. Cambridge: Polity Press.
Zurück zum Zitat Holtorf, C. (2013). Der erste Draht zur Neuen Welt. Die Verlegung des transatlantischen Telegrafenkabels. Göttingen: Wallstein. Holtorf, C. (2013). Der erste Draht zur Neuen Welt. Die Verlegung des transatlantischen Telegrafenkabels. Göttingen: Wallstein.
Zurück zum Zitat Holz, K. (2001). Nationaler Antisemitismus. Wissenssoziologie einer Weltanschauung. Hamburg: Hamburger Edition. Holz, K. (2001). Nationaler Antisemitismus. Wissenssoziologie einer Weltanschauung. Hamburg: Hamburger Edition.
Zurück zum Zitat James, H. (2022). Schockmomente. Eine Weltgeschichte von Inflation und Globalisierung. Freiburg i. Br.: Herder. James, H. (2022). Schockmomente. Eine Weltgeschichte von Inflation und Globalisierung. Freiburg i. Br.: Herder.
Zurück zum Zitat Janz, R.-P. (1985). Die Faszination der Jugend durch Rituale und sakrale Symbole. Mit Anmerkungen zu Fidus, Hesse, Hofmannsthal und George. In T. Koebner, R.-P. Janz & F. Trommler (Hrsg.), „Mit uns zieht die neue Zeit.“ Der Mythos Jugend (S. 310–337). Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Janz, R.-P. (1985). Die Faszination der Jugend durch Rituale und sakrale Symbole. Mit Anmerkungen zu Fidus, Hesse, Hofmannsthal und George. In T. Koebner, R.-P. Janz & F. Trommler (Hrsg.), „Mit uns zieht die neue Zeit.“ Der Mythos Jugend (S. 310–337). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Jarvis, J. (2023). The Gutenberg parenthesis. The age of print and its lessons for the age of the internet. New York u. a.: Bloomsbury Academic.CrossRef Jarvis, J. (2023). The Gutenberg parenthesis. The age of print and its lessons for the age of the internet. New York u. a.: Bloomsbury Academic.CrossRef
Zurück zum Zitat Kandel, E. (2012). Das Zeitalter der Erkenntnis. Die Erforschung des Unbewussten in Kunst, Geist und Gehirn von der Wiener Moderne bis heute. München: Siedler. Kandel, E. (2012). Das Zeitalter der Erkenntnis. Die Erforschung des Unbewussten in Kunst, Geist und Gehirn von der Wiener Moderne bis heute. München: Siedler.
Zurück zum Zitat Katz, R. (1934). Drei Gesichter Luzifers. Lärm, Maschinen, Geschäft. Erlenbach u. a.: Rentsch. Katz, R. (1934). Drei Gesichter Luzifers. Lärm, Maschinen, Geschäft. Erlenbach u. a.: Rentsch.
Zurück zum Zitat Knoblauch, H. (2017). Die kommunikative Konstruktion der Wirklichkeit. Wiesbaden: Springer VS.CrossRef Knoblauch, H. (2017). Die kommunikative Konstruktion der Wirklichkeit. Wiesbaden: Springer VS.CrossRef
Zurück zum Zitat Luhmann, N. (1973). Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität. Stuttgart: Thieme. Luhmann, N. (1973). Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität. Stuttgart: Thieme.
Zurück zum Zitat Luhmann, N. (1984). Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Luhmann, N. (1984). Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Luhmann, N. (2005). Einführung in die Theorie der Gesellschaft. Heidelberg: Carl Auer. Luhmann, N. (2005). Einführung in die Theorie der Gesellschaft. Heidelberg: Carl Auer.
Zurück zum Zitat Luhmann, N. (2009). Die Realität der Massenmedien. 4. Aufl. Wiesbaden: Springer VS. Luhmann, N. (2009). Die Realität der Massenmedien. 4. Aufl. Wiesbaden: Springer VS.
Zurück zum Zitat Makropoulos, M. (1991). Tendenzen der Zwanziger Jahre. Zum Diskurs der Klassischen Moderne in Deutschland. Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 39(6), 675–687.CrossRef Makropoulos, M. (1991). Tendenzen der Zwanziger Jahre. Zum Diskurs der Klassischen Moderne in Deutschland. Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 39(6), 675–687.CrossRef
Zurück zum Zitat Marx, K., & Engels, F. (1969) [1845/46]. Die deutsche Ideologie. Marx-Engels-Werke, Bd. 3. Berlin: Dietz. Marx, K., & Engels, F. (1969) [1845/46]. Die deutsche Ideologie. Marx-Engels-Werke, Bd. 3. Berlin: Dietz.
Zurück zum Zitat Mayntz, R. (2009). Emergence in philosophy and social theory. In R. Mayntz, Sozialwissenschaftliches Erklären. Probleme der Theoriebildung und Methodologie (S. 133–155). Frankfurt a. M.: Campus. Mayntz, R. (2009). Emergence in philosophy and social theory. In R. Mayntz, Sozialwissenschaftliches Erklären. Probleme der Theoriebildung und Methodologie (S. 133–155). Frankfurt a. M.: Campus.
Zurück zum Zitat Milošević, N., & Gutierrez, M. (2022). Fear and „the great reset“: Analysis of the World Economic Forum’s post-Covid agenda videos and the adverse reactions to them. International Journal of Film and Media Arts, 7(2), S. 7–30.CrossRef Milošević, N., & Gutierrez, M. (2022). Fear and „the great reset“: Analysis of the World Economic Forum’s post-Covid agenda videos and the adverse reactions to them. International Journal of Film and Media Arts, 7(2), S. 7–30.CrossRef
Zurück zum Zitat Mogge, W. (1985). Wandervogel, Freideutsche Jugend und Bünde. Zum Jugendbild der bürgerlichen Jugendbewegung. In T. Koebner, R.-P. Janz & F. Trommler (Hrsg.), „Mit uns zieht die neue Zeit.“ Der Mythos Jugend (S. 174–198). Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Mogge, W. (1985). Wandervogel, Freideutsche Jugend und Bünde. Zum Jugendbild der bürgerlichen Jugendbewegung. In T. Koebner, R.-P. Janz & F. Trommler (Hrsg.), „Mit uns zieht die neue Zeit.“ Der Mythos Jugend (S. 174–198). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Mommsen, H. (1985). Generationskonflikt und Jugendrevolte in der Weimarer Republik. In T. Koebner, R.-P. Janz & F. Trommler (Hrsg.), „Mit uns zieht die neue Zeit.“ Der Mythos Jugend (S. 50–67). Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Mommsen, H. (1985). Generationskonflikt und Jugendrevolte in der Weimarer Republik. In T. Koebner, R.-P. Janz & F. Trommler (Hrsg.), „Mit uns zieht die neue Zeit.“ Der Mythos Jugend (S. 50–67). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Münch, R. (1998). Globale Dynamik, lokale Lebenswelten. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Münch, R. (1998). Globale Dynamik, lokale Lebenswelten. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Niewel, G., & Ramelsberger, A. (2023). Der Zorn der Selbstgerechten. Süddeutsche Zeitung, 10.11.2023, S. 3. Niewel, G., & Ramelsberger, A. (2023). Der Zorn der Selbstgerechten. Süddeutsche Zeitung, 10.11.2023, S. 3.
Zurück zum Zitat Opitz, S. (2015). Verbreitete (Un‑)Ordnung: Ansteckung als soziologischer Grundbegriff. In U. Bröckling, C. Dries, M. Leanza & T. Schlechtriemen (Hrsg.), Das Andere der Ordnung. Theorien des Exzeptionellen (S. 127–148). Weilerswist: Verbrück.CrossRef Opitz, S. (2015). Verbreitete (Un‑)Ordnung: Ansteckung als soziologischer Grundbegriff. In U. Bröckling, C. Dries, M. Leanza & T. Schlechtriemen (Hrsg.), Das Andere der Ordnung. Theorien des Exzeptionellen (S. 127–148). Weilerswist: Verbrück.CrossRef
Zurück zum Zitat Plessner, H. (1981) [1924]. Grenzen der Gemeinschaft. Eine Kritik des sozialen Radikalismus. In H. Plessner, Macht und menschliche Natur. Gesammelte Schriften V (S. 7–133). Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Plessner, H. (1981) [1924]. Grenzen der Gemeinschaft. Eine Kritik des sozialen Radikalismus. In H. Plessner, Macht und menschliche Natur. Gesammelte Schriften V (S. 7–133). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Plessner, H. (1982) [1962]. Die Legende von den zwanziger Jahren. In H. Plessner, Die Verführbarkeit des bürgerlichen Geistes. Politische Schriften. Gesammelte Schriften VI (S. 261–279). Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Plessner, H. (1982) [1962]. Die Legende von den zwanziger Jahren. In H. Plessner, Die Verführbarkeit des bürgerlichen Geistes. Politische Schriften. Gesammelte Schriften VI (S. 261–279). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Sammons, J. L. (Hrsg.) (2021). Die Protokolle der Weisen von Zion. Eine Fälschung. Text und Kommentar. 12. Aufl. Göttingen: Wallstein. Sammons, J. L. (Hrsg.) (2021). Die Protokolle der Weisen von Zion. Eine Fälschung. Text und Kommentar. 12. Aufl. Göttingen: Wallstein.
Zurück zum Zitat Schäfer, M. S., Mahl, D., Füchslin, T., Metag, J., & Zeng, J. (2022). From hype cynics to extreme believers. Typologizing the Swiss population’s COVID-19-related conspiracy beliefs, their corresponding information behavior, and social media use. International Journal of Communication, 16, 2885–2910. Schäfer, M. S., Mahl, D., Füchslin, T., Metag, J., & Zeng, J. (2022). From hype cynics to extreme believers. Typologizing the Swiss population’s COVID-19-related conspiracy beliefs, their corresponding information behavior, and social media use. International Journal of Communication, 16, 2885–2910.
Zurück zum Zitat Schimank, U. (2000). Handeln und Strukturen. Einführung in die akteurtheoretische Soziologie. Weinheim, München: Juventa. Schimank, U. (2000). Handeln und Strukturen. Einführung in die akteurtheoretische Soziologie. Weinheim, München: Juventa.
Zurück zum Zitat Schivelbusch, W. (1979). Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert. Frankfurt a. M, Berlin, Wien: Ullstein. Schivelbusch, W. (1979). Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert. Frankfurt a. M, Berlin, Wien: Ullstein.
Zurück zum Zitat Schmid, M. (2023). Theorie- und Modellbildung. Mikrofundierende Erklärungen und die Methodologie sozialwissenschaftlicher Forschungsprogramme. Wiesbaden: Springer VS.CrossRef Schmid, M. (2023). Theorie- und Modellbildung. Mikrofundierende Erklärungen und die Methodologie sozialwissenschaftlicher Forschungsprogramme. Wiesbaden: Springer VS.CrossRef
Zurück zum Zitat Schmitt-Sasse, J. (1985). „Der Führer ist immer der Jüngste.“ Nazi-Reden an die deutsche Jugend. In T. Koebner, R.-P. Janz & F. Trommler (Hrsg.), „Mit uns zieht die neue Zeit“. Der Mythos Jugend (S. 128–149). Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Schmitt-Sasse, J. (1985). „Der Führer ist immer der Jüngste.“ Nazi-Reden an die deutsche Jugend. In T. Koebner, R.-P. Janz & F. Trommler (Hrsg.), „Mit uns zieht die neue Zeit“. Der Mythos Jugend (S. 128–149). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Schorske, C. E. (1982). Wien. Geist und Gesellschaft im Fin de Siècle. Frankfurt a. M.: Fischer. Schorske, C. E. (1982). Wien. Geist und Gesellschaft im Fin de Siècle. Frankfurt a. M.: Fischer.
Zurück zum Zitat Schütz, A. (2016) [1932]. Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Schütz, A. (2016) [1932]. Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Schütz, A., & Luckmann, T. (2003) [1973]. Strukturen der Lebenswelt. Konstanz: UVK. Schütz, A., & Luckmann, T. (2003) [1973]. Strukturen der Lebenswelt. Konstanz: UVK.
Zurück zum Zitat Simmel, G. (1992) [1908]. Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Simmel, G. (1992) [1908]. Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Soeffner, H.-G. (2010). Symbolische Formung. Eine Soziologie des Symbols und des Rituals. Weilerswist: Velbrück. Soeffner, H.-G. (2010). Symbolische Formung. Eine Soziologie des Symbols und des Rituals. Weilerswist: Velbrück.
Zurück zum Zitat Sombart, W. (1987) [1927]. Der moderne Kapitalismus. Bd. III: Das Wirtschaftsleben im Zeitalter des Hochkapitalismus. 1. Halbbd. München: dtv. Sombart, W. (1987) [1927]. Der moderne Kapitalismus. Bd. III: Das Wirtschaftsleben im Zeitalter des Hochkapitalismus. 1. Halbbd. München: dtv.
Zurück zum Zitat Stein, A. (2011) [1936]. Adolf Hitler, Schüler der Weisen von Zion. Freiburg i. Br.: Ça ira. Stein, A. (2011) [1936]. Adolf Hitler, Schüler der Weisen von Zion. Freiburg i. Br.: Ça ira.
Zurück zum Zitat Stumpf, S., Römer, D. (Hrsg.) (2020). Verschwörungstheorien im Diskurs. Zeitschrift für Diskursforschung. 4. Beiheft. Weinheim, Basel: Beltz Juventa. Stumpf, S., Römer, D. (Hrsg.) (2020). Verschwörungstheorien im Diskurs. Zeitschrift für Diskursforschung. 4. Beiheft. Weinheim, Basel: Beltz Juventa.
Zurück zum Zitat Thalheimer, S. (Hrsg.) (1963). Die Affäre Dreyfus. München: dtv. Thalheimer, S. (Hrsg.) (1963). Die Affäre Dreyfus. München: dtv.
Zurück zum Zitat Tilly, C. (2021). Why? Was passiert, wenn Leute Gründe angeben … und warum. Hamburg: Hamburger Edition. Tilly, C. (2021). Why? Was passiert, wenn Leute Gründe angeben … und warum. Hamburg: Hamburger Edition.
Zurück zum Zitat Tönnies, F. (1979) [1887]. Gemeinschaft und Gesellschaft. Grundbegriffe der reinen Soziologie. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgemeinschaft. Tönnies, F. (1979) [1887]. Gemeinschaft und Gesellschaft. Grundbegriffe der reinen Soziologie. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgemeinschaft.
Zurück zum Zitat Vobruba, G. (1986). Die populistische Anrufung der Gemeinschaft. In H. Dubiel (Hrsg.), Populismus und Aufklärung (S. 221–247). Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Vobruba, G. (1986). Die populistische Anrufung der Gemeinschaft. In H. Dubiel (Hrsg.), Populismus und Aufklärung (S. 221–247). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Vobruba, G. (2000). Alternativen zur Vollbeschäftigung. Die Transformation von Arbeit und Einkommen. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Vobruba, G. (2000). Alternativen zur Vollbeschäftigung. Die Transformation von Arbeit und Einkommen. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Vobruba, G. (2019a). Die Gesellschaft der Leute. Kritik und Gestaltung der sozialen Verhältnisse. 2. Aufl. Wiesbaden: Springer VS.CrossRef Vobruba, G. (2019a). Die Gesellschaft der Leute. Kritik und Gestaltung der sozialen Verhältnisse. 2. Aufl. Wiesbaden: Springer VS.CrossRef
Zurück zum Zitat Vobruba, G. (2019b). Die Kritik der Leute. Einfachdenken gegen besseres Wissen. Weinheim, Basel: Beltz Juventa. Vobruba, G. (2019b). Die Kritik der Leute. Einfachdenken gegen besseres Wissen. Weinheim, Basel: Beltz Juventa.
Zurück zum Zitat Vobruba, G. (2020). Einfachdenken in der komplexen Gesellschaft. Das Volk, die repräsentative Demokratie und der Populismus. In M. Endreß, S. Nissen & G. Vobruba, Aktualität der Demokratie (S. 105–155). Weinheim, Basel: Beltz Juventa. Vobruba, G. (2020). Einfachdenken in der komplexen Gesellschaft. Das Volk, die repräsentative Demokratie und der Populismus. In M. Endreß, S. Nissen & G. Vobruba, Aktualität der Demokratie (S. 105–155). Weinheim, Basel: Beltz Juventa.
Zurück zum Zitat Vobruba, G. (2023). Verschwörungsdenken und Gewalttoleranz. Merkur, (886), 93–98. Vobruba, G. (2023). Verschwörungsdenken und Gewalttoleranz. Merkur, (886), 93–98.
Zurück zum Zitat Vobruba, G. (2024). Das Verschwörungsweltbild. Denken gegen die Moderne. Weinheim, Basel: Beltz Juventa. Im Erscheinen. Vobruba, G. (2024). Das Verschwörungsweltbild. Denken gegen die Moderne. Weinheim, Basel: Beltz Juventa. Im Erscheinen.
Zurück zum Zitat Webb, S., & Webb, B. (1912). Das Problem der Armut. Jena: Eugen Diederichs. Webb, S., & Webb, B. (1912). Das Problem der Armut. Jena: Eugen Diederichs.
Zurück zum Zitat Weyand, J. (2016). Historische Wissenssoziologie des modernen Antisemitismus. Göttingen: Wallstein. Weyand, J. (2016). Historische Wissenssoziologie des modernen Antisemitismus. Göttingen: Wallstein.
Zurück zum Zitat Wilson, S. (2007) [1982]. Ideology and experience. Antisemitism in France at the time of the Dreyfus affair. Oxford: The Littman Libary of Jewish Civilization. Wilson, S. (2007) [1982]. Ideology and experience. Antisemitism in France at the time of the Dreyfus affair. Oxford: The Littman Libary of Jewish Civilization.
Metadaten
Titel
Logik und Leistungsfähigkeit des Verschwörungsweltbildes
verfasst von
Georg Vobruba
Publikationsdatum
08.02.2024
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Berliner Journal für Soziologie / Ausgabe 1/2024
Print ISSN: 0863-1808
Elektronische ISSN: 1862-2593
DOI
https://doi.org/10.1007/s11609-024-00515-6

Weitere Artikel der Ausgabe 1/2024

Berliner Journal für Soziologie 1/2024 Zur Ausgabe

Premium Partner