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22.09.2016 | Unternehmensführung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wer zögert, gefährdet die Nachfolge

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

4:30 Min. Lesedauer

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In den kommenden beiden Jahren wird jeder sechste mittelständische Unternehmer in Deutschland aus der Unternehmensleitung ausscheiden – Nachfolge ungeklärt.              

Einfach loslassen und sich auf einen wohlverdienten Ruhestand freuen? Reisen, neue Hobbys und gelegentliche Stippvisten im Unternehmen, um dort der nächsten Generation am Steuer so interessiert wie wohlwollend auf die Finger zu schauen? Bevor künftige Ruheständler in solch rosigen Tagträumen versinken, müssen sie mehr denn je tätig werden. Es sei denn, sie wissen ihr Lebenswerk bereits in besten Händen – oder haben vor, es demnächst einfach an die Mitarbeiter zu verschenken. Eine Form der Nachfolgeplanung, mit der der britische Unternehmer Peter Neumark derzeit von sich reden macht. Mangels Nachfolger überschrieben er und sein Partner dem "Guardian" zufolge ihr 5,2 Millionen Pfund schweres Unternehmen Classic Motos Cars, ein Betrieb, der Jaguar restauriert, an ihre 60 Mitarbeiter. Das Unternehmen ist nun als Stiftung organisiert, der alle Mitarbeiter inklusive der sieben Auszubildenden angehören. Die Geschäfte werden gemeinsam verwaltet und die Gewinne geteilt. Dies sei der beste Weg gewesen, die Zukunft des Unternehmens zu sichern, sagte Neumark, der nun getrost beobachten kann, wie Verantwortung motiviert. Für alle anderen Chefs gilt: Der demographische Engpass bei der Nachfolge zwingt zu Taten.

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Organisation des Nachfolgeprozesses

Ein geplanter und geordneter Prozessablauf ist eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge. Für den Unternehmer gewährleistet er, dass der für ihn bestmögliche Weg gefunden wird, seine Ziele zu erreichen und das Risiko

Gründungsbereitschaft auf Talfahrt

Doch Nachfolgeplanung ist ein Deutschland ein Thema bei dem es den Betroffenen offenbar am nötigen Antrieb fehlt. Das zeigt die aktuelle Befragung "Alterung treibt Nachfolgebedarf im Mittelstand" von Creditreform und KfW-Research. In den kommenden beiden Jahren steht bei 17 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland der Generationenwechsel an. Das sind rund 620.000 Unternehmen mit über vier Millionen Beschäftigten. Aber der Führungsspitze fehlen die Nachkommen. Standen im Jahr 2000 einer Person zwischen 55 und 70 Jahren noch 2,6 jüngere Menschen gegenüber, sind es aktuell nur noch 2,4. Und im Jahr 2030, wenn die Babyboomer in Rente gehen, werden es nur noch 1,8 jüngere Menschen sein. Diese ziehen bei guter Arbeitsmarktlage die abhänge Beschäftigung der Selbstständigkeit vor. Weshalb die Zahl der Übernahmegründungen von 200.000 im Jahr 2002 auf aktuell 62.000 gesunken ist. Dennoch wird Nachfolgeplanung auf die lange Bank geschoben.

Es bleibt in der Familie

Nicht einmal die Hälfte der Unternehmen, die in den kommenden drei Jahren unter neuer Führung laufen sollen, ist laut Erhebung in den Nachfolgeprozess gestartet (42 Prozent). Bei 22 Prozent konkretisieren sich immerhin die Planungen, aber 25 Prozent geben an, sich  bisher nicht mehr als informiert zu haben und elf Prozent haben sich mit der Nachfolge überhaupt noch nicht beschäftigt. Einig sind sich allerdings alle in einem Punkt: Am liebsten bleibt das Sagen in der Familie. Und: Alternative Nachfolgeideen sind genauso wenig gefragt wie die Stilllegung der Firma.

Mehrere Nachfolgeoptionen (43 Prozent)Nur eine Nachfolgeoption (58 Prozent)
  • Familienmitglied (56 Prozent)
  • Externer Käufer (48 Prozent)
  • Mitarbeiter/Miteigentümer (43 Prozent)
  • Stillegung (6 Prozent)
  • nur Familienmitglied (29 Prozent)
  • nur externer Käufer (18 Prozent)
  • nur Mitarbeiter/Miteigentümer (12 Prozent)

Quelle: Studie "Alterung treibt Nachfolgebedarf im Mittelstand"

Wenn die Emotion die Übergabe nicht zulässt

Doch nicht allein demographische Unwegsamkeiten bringen Unternehmer dazu, in Sachen Nachfolgeplanung den Kopf so lange wie möglich in den Sand zu stecken. Häufiger verbergen sich hinter der Verzögerungstaktik emotionale Schwierigkeiten. Die Angst vor dem Prozess des Loslassens etwa oder vor dem Statusverlust. "Generell ist die Aussicht auf den Ruhestand für viele Führungskräfte keine befriedigende Perspektive aufgrund zahlreicher psychologischer Aspekte", schreibt Springer-Autorin Susanne Schübel über "Psychological ownership im Kontext der altersbedingten Unternehmensnachfolge" (Seite 95). Mit dem "Abdanken" beginnt für viele Seniorchefs weniger die oben beschriebene rosige Ruhestandsphase, als eine ungewisse Zukunft, in der das Leben seine gewohnte Kontinuität einbüßt und die eigene Identität sowie das Fundament des bisherigen Lebens erschüttert wird. In der Zusammenfassung ihrer Studie beschreibt die Autorin, wie die emotionale Bindung des Seniorchefs dennoch den Nachfolgeprozess fördert.

Was positive Handlungen im Übergabeprozess fördert (Seite 218) 
  • Je stärker der Wunsch des Unternehmers nach Fortbestehen des Unternehmens,
    • desto unwahrscheinlicher ist eine Übergabe "auf Krampf“.
    • desto weniger relevant ist die Ausgestaltung der Form der Nachfolge (extern versus familienintern).
  • Je stärker der Wunsch des Unternehmers nach klaren Verhältnissen ist, desto eher erfolgt eine klare Leitungs- und Eigentumsübergabe.
  • Je stärker der Wunsch des Unternehmers nach eigener Arbeitsreduktion und Abgabe von Verantwortung ist, desto eher unternimmt er erste Schritte im Übergabeprozess.
  • Je konkreter die Nachfolgeplanung ist, desto eher erfolgt eine Entwicklung des potenziellen Nachfolgers.
  • Je stärker das gegenseitige Vertrauen zwischen Übergeber und Übernehmer ist, desto eher unternimmt der Senior Schritte, die der Entwicklung des Nachfolgers dienen.
  • Je kollektiver Entscheidungsstrukturen vor der Übergabe waren,
    • desto leichter fallen den Unternehmern klare Schritte der Leitungs- und Eigentumsübergabe.
    • desto leichter fällt den Unternehmern der Umgang mit Veränderungen.

Fazit: Erfolgreiche Nachfolgeplanung beginnt in einer von kollektivem Vertrauen geprägten Unternehmenskultur, nimmt sich ausreichend Zeit, achtet Bedürfnisse und gipfelt im rechtzeitigen Wechsel. Laut KfW-Research ist die erfolgreiche Übergabe somit ein Produkt aus den Faktoren: Einarbeitung, Kundenerhalt, früher Nachfolgersuche, Akzeptanz durch die Mitarbeiter, mehrjähriger Planung und dem richtigen Moment für den Abschied.

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