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Open Access 2023 | OriginalPaper | Buchkapitel

5. KI-Strategie

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Zusammenfassung

Dieses Kapitel adressiert KI-Strategien als Planungs- und Führungsinstrumente (5.1) und gibt Einblick in die Handlungsfelder auf Management-Ebene (5.2).

5.1 KI-Strategien als Planungs- und Führungsinstrumente

Um die Digitale Transformation im öffentlichen Sektor voranzubringen, werden häufig Strategiepapiere erstellt. Wenn nun KI-basierte Systeme vermehrt eingesetzt werden, stellt sich die Frage, inwiefern es einer Strategie bedarf. Was genau ist darunter zu verstehen? Leitbilder, Masterpläne, Roadmaps usw. sind Planungs- und Führungsinstrumente. Sie zeigen, dass es einen ganzheitlichen Blick auf die Thematik allgemein, die Ziele, die Rahmenbedingungen, die Herausforderungen und auch die Lösungsansätze gibt. Sie vermitteln außerdem ein Bild von der Zukunft und dienen als Orientierung in der Umsetzung – im Fall von Masterplänen und Roadmaps mit konkreten Umsetzungsplänen. Strategiepapiere dienen auch der Kommunikation und letztlich der Profilierung. Sie zeigen, dass sich Organisationen mit bestimmten Themen intensiv befassen, schon bevor konkrete Ergebnisse sichtbar sind. Bei der Betrachtung von Strategiepapieren können wir uns an den Ebenen des St. Galler Managementmodells orientieren (vgl. zu folgenden Ausführungen Bleicher, 2011, S. 87 ff.). Die normative Ebene stellt die handlungsbegründende Ebene dar. Hier werden Missionen vorgegebenen, die der Organisationsentwicklung dienen. Die strategische Ebene fokussiert die grundlegende Ausrichtung der Organisation bezogen auf Strukturen, Leistungen, den Umgang mit Ressourcen und Aktivitäten. Aus der Mission wird ein Programm. Und schließlich adressiert die operative Ebene den konzeptgeleiteten Vollzug. Zusätzlich gibt es die Vision als Sonderfall. Sie durchdringt die drei Ebenen und fungiert als Impulsgeber und Leitstern. Je nach Ebene können Strategiepapiere als Steuerungsinstrumente sehr unterschiedliche Wirkungen entfalten. Es kann um einen eher allgemeinen Rahmen und abstrakte Zielsetzungen gehen oder um sehr konkrete Handlungsschritte mit einer festen Zeitschiene. Betrachten wir nun Steuerungsinstrumente für KI im öffentlichen Sektor. Grundlegend ist, dass diese Instrumente nicht isoliert stehen, sondern eng an die Mission der Organisation gebunden sind und genau diesen Zielen dienen. Mit Blick auf die Nationale E-Government-Strategie in Deutschland ist das die konsequente Ausrichtung an den Staatszielen und dem geltenden Recht. Eine KI-Strategie muss sich also zum einen ebenso konsequent an der Mission der Organisation orientieren und zum anderen müssen auch Beziehungen zu anderen Strategien, zum Beispiel E-Government-Strategien, Berücksichtigung finden (siehe für Beispiele Abb. 5.1). Insbesondere müssen mögliche Zielkonflikte identifiziert und abgewogen werden.
Eine zentrale Frage auf abstrakter Ebene ist also: Inwiefern dient die Anwendung von KI-basierten Systemen den Staatszielen. Eine Orientierung am Gemeinwohl spielt hier eine zentrale Rolle. Darunter fällt insbesondere auch operativer Nutzen, also effektive und effiziente Prozesse. Die Ziele sind klar zu definieren. Wollen wir Prozesse effizient gestalten? Wollen wir eine erhöhte Automatisierung von Prozessen, um trotz knapper Personalressourcen leistungsfähig sein zu können? Wollen wir Beschäftigte entlasten – von belastenden Tätigkeiten? Und mit Blick auf die Servicequalität bei Verwaltungsleistungen: Ist es Ziel, eine bessere Erreichbarkeit oder stets eine freundliche und individuelle Ansprache zu gewährleisten? Darüber müssen wir uns im ersten Schritt klarwerden, um überhaupt eine tragfähige KI-Strategie entwerfen zu können, Handlungsschwerpunkte zu setzen und später die Erreichung der Ziele überprüfen zu können.

5.2 KI-Management

Der Einsatz von KI im öffentlichen Sektor geht mit einer Vielzahl von Herausforderungen einher, die vielfältige Organisationsbereiche und -funktionen betreffen und durch Management-Fragen adressiert werden können (van Giffen et al., 2020):
  • Welche Implikationen hat KI innerhalb unserer Strategie? Wie können KI-Projekte sicher und effizient durchgeführt werden? Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden?
  • Welche Fähigkeiten und welche Organisationsstruktur brauchen wir, um die Potenziale von KI voll auszuschöpfen?
  • Welche rechtlichen, regulatorischen und vertraglichen Grundlagen müssen wir in der produktiven Nutzung von KI berücksichtigen?
  • Wie könnte ein KI-Lebenszyklus-Management aussehen, das sich gut in unsere bestehenden Prozesse einfügt?
  • Wie müssen Prozesse für Auswahl, Implementierung und Betrieb einer KI-Technologie-Infrastruktur definiert sein?
  • Welche Maßnahmen sind geeignet, um Cybersicherheit herzustellen und gegnerische Angriffe auf KI-Systeme effizient abzuwehren?
Die Beantwortung dieser Fragen kann begleitend zu ersten Projekten erfolgen. Auf diese Weise wird bereits Expertise gewonnen und kann in die Beantwortung – und somit in die KI-Governance, also die ganzheitliche Steuerung – einfließen.
Basierend auf dem St. Galler Management Modell sind folgende Handlungsfelder bei der Steuerung des KI-Einsatzes relevant (van Giffen et al., 2020):
1.
Management von Künstlicher Intelligenz
 
2.
Organisation des Betriebs
 
3.
Rechtliche Gestaltung
 
4.
Regulierung und Compliance
 
5.
Lebenszyklus-Management
 
6.
Management der Technologie-Infrastruktur
 
7.
Cybersicherheit
 
Mit Blick auf die Anwendung in öffentlichen Verwaltungen befasst sich das Management von KI (1.) mit den notwendigen Organisationsstrukturen und Management-Prozessen, um die definierten KI-bezogenen Ziele der Behörde umzusetzen. Erste Projekterfahrungen bilden die Basis für die systematische Gestaltung des Management-Modells. Diese Erfahrungen beziehen sich zum einen auf das KI-System selbst, zum anderen jedoch auch auf Voraussetzungen (zum Beispiel notwendige IT-Infrastruktur, KI-Kompetenzen, Verfügbarkeit relevanter Daten), Grenzen, aber auch Erkenntnisse zum Projektmanagement. Auf Basis erster (und weiterer) Projekterfahrungen sind Beschäftigte außerdem in der Lage, KI-Anwendungsoptionen für das eigene Arbeitsumfeld zu identifizieren und zu reflektieren. Zentral ist also die Durchführung von KI-Projekten wie auch die Analyse der Projekterfahrungen, um Organisationales Lernen zu ermöglichen.
Das Handlungsfeld Organisation des Betriebs (2.) adressiert die Fähigkeit, geeignete KI-Anwendungsfälle zu identifizieren. Außerdem muss sichergestellt werden, dass die nötigen KI-Kompetenzen in der Organisation aufgebaut werden. Zu berücksichtigten ist auch die Rolle externer Dienstleister und Technologieanbieter. Es ist zu klären, welche Dienste extern bezogen werden sollen, wie die Zusammenarbeit mit dem Dienstleister zu gestalten ist und welche Anforderungen dabei relevant sind. Diese Frage ist auch vor dem Hintergrund der Digitalen Souveränität der öffentlichen Verwaltung relevant und wird im nächsten Lern-Item behandelt.
Die rechtlichen Gestaltungsfragen (3.) umfassen im öffentlichen Sektor grundsätzliche regulatorische Anforderungen (vgl. Lerneinheit KI und Recht in diesem Kurs) und Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Berücksichtigung (4. Compliance).
Im Handlungsfeld Lebenszyklus-Management (5.) steht die Frage, wie das KI-System wirkungsvoll in die Leistungserstellung integriert werden kann. Im Fokus steht die Entwicklung von KI-Systemen, vom Prototyp hin zum Produktivsystem. Welches Problem löst das System? Welchen Funktionsumfang soll das System haben? Welche Daten bilden die Grundlage? Welche KI-Methoden kommen zum Einsatz? Wie wird das System evaluiert und weiterentwickelt? Die Vielfalt der Aufgaben zeigt, dass spezifische Rollen zu etablieren sind. Das sind zum Beispiel Data Scientists, KI-Spezialisten, Fachvertreter und Projektmanager.
Grundlegend für KI-Projekte ist der Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur (6.). Dazu gehört die Auswahl geeigneter Frameworks und Bibliotheken, aber auch geeigneter Hardware. Die Auswahl sollte auf einer systematischen Anforderungsanalyse beruhen, wobei auch hier in den ersten KI-Projekten wertvolle Erfahrungen aufgebaut werden können.
Im Zuge der IT-Sicherheit (7.) sind ebenfalls einige Fragen zu beantworten (BSI, 2021): Welche Angriffsszenarien entstehen durch den Einsatz von KI und welche Auswirkungen haben diese? Wie können KI-Systeme gegen KI-spezifische Angriffe nachweisbar geschützt werden? Darüber hinaus bietet der Einsatz von KI auch Möglichkeiten, IT-Sicherheit zu verbessern. Auf der anderen Seite entstehen neue Bedrohungen für IT-Systeme, da KI-Methoden auch in Angriffswerkzeugen genutzt werden können.
Insgesamt zeigt sich, dass mit dem Einsatz von KI-Systemen Herausforderungen verbunden sind, die auf Management-Ebene systematisch adressiert werden müssen und im Zuge der zunehmenden KI-Projekterfahrungen stetig anzupassen sind.

5.3 Aufgaben zum eigenen Anwendungsfalls

Nach dem Grundlagenteil ist es nun Zeit, noch einmal auf Ihr gewähltes KI-Projekt zu schauen. Sie kennen nun auch die Funktionen von Strategiepapieren, Ziele des KI-Einsatzes und Handlungsfelder auf Management-Ebene. Lassen Sie dieses Wissen in die Auswahl der KI-Anwendungsbereiche und des konkreten KI-Projektes einfließen und bearbeiten Sie folgende Teilaufgaben:
  • Beschreiben Sie für die Organisation eine KI-Vision. Diese Aufgabe bezieht sich nicht auf das konkrete KI-Projekt, sondern auf die Organisation insgesamt.
  • Wählen Sie einen geeigneten Anwendungsbereich für den KI-Einsatz in Ihrer Organisation (bzw. überdenken Sie Ihre getroffene Entscheidung und passen Sie sie ggf. an).
  • Begründen Sie die Auswahl des Anwendungsbereichs.
  • Beschreiben Sie außerdem Ziele auf normativer und strategischer Ebene. Diese Aufgabe bezieht sich nicht auf das konkrete KI-Projekt, sondern auf die Organisation insgesamt.
  • Überdenken Sie nun Ihr gewähltes KI-Projekt und nehmen Sie ggf. Anpassungen vor.
  • Detaillieren Sie auch die Ausführungen in Bezug auf die Kap. 2 bis 4.
Open Access Dieses Kapitel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Literatur
Zurück zum Zitat Bleicher, K. (2011). Das Konzept Integriertes Management: Visionen – Missionen – Programme. Campus. Bleicher, K. (2011). Das Konzept Integriertes Management: Visionen – Missionen – Programme. Campus.
Metadaten
Titel
KI-Strategie
verfasst von
Moreen Heine
Copyright-Jahr
2023
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-40101-6_5

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