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09.08.2023 | Batterie | Interview | Online-Artikel

"Laser Drying ist unabhängig vom Zelltyp einsetzbar"

verfasst von: Thomas Siebel, Christiane Köllner

6 Min. Lesedauer

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Batterieelektroden wurden bislang zumeist in heißluftbetriebenen Durchlauföfen getrocknet. Die diodenlaserbasierte Trocknung ist diesem konvektiven Prozess jedoch überlegen. Simon Britten von Laserline erläutert die Vorzüge des neuen Fertigungsverfahrens. 

springerprofessional.de: Sie haben in einem Forschungsprojekt ein laserbasiertes Trocknungsverfahren entwickelt, das deutlich weniger Energie als die typischerweise eingesetzten Konvektionsöfen verbrauchen soll. Wie funktioniert es?

Britten: Wir haben das Verfahren im Rahmen eines mehrjährigen Projekts mit Partnern wie der RWTH Aachen, dem Fraunhofer-Institut für Lasertechnik und dem Batterieforschungszentrum der WWU Münster erprobt. Dazu wurde zunächst der Einfluss der Laserstrahlung auf die industrierelevanten Elektrodenpasten untersucht – mit dem Ergebnis, dass keine prozessbedingte Anpassung notwendig ist. Die Paste wird in Form eines Elektrodenfilms in einem Rolle-zu-Rolle-Prozess auf die Trägerfolie aufgetragen und mit einem Infrarot-Diodenlaser getrocknet. Die Laserstrahlung wirkt dabei direkt auf die in der Paste enthaltenen Graphitpartikel ein und erwärmt sie gezielt. Das ist deutlich effizienter als erst die Luft und mit der Luft wiederrum die Paste zu erwärmen, wie es beispielsweise beim Konvektionstrocknen der Fall ist. 

Können Sie die eingesetzte Lasertechnik näher beschreiben?

Herzstück sind unsere bewährten LDF-Diodenlaser, die im Nahinfrarotbereich von 900 bis 1080 nm agieren. Üblicherweise kommen bei diesem Verfahren Lasereinheiten mit Leistungen von 10 bis 15 kW zum Einsatz. Außerdem haben wir eine Serie neuer Laseroptiken auf den Markt gebracht, die speziell für Drying-Anwendungen entwickelt wurde. Die Optiken erzeugen hochdivergente und zugleich homogene Laserspots von bis zu über anderthalb Metern Breite. Das ist der Rahmen, in dem wir uns bewegen, der modulare Aufbau unserer Lösung lässt uns aber viel Spielraum bei der Umsetzung. Zum Beispiel lassen sich verschiedene Spotgrößen und Arbeitsabstände mithilfe homogenisierender Prozessoptiken problemlos realisieren. Das erleichtert nicht nur die Planung neuer Anlagen – es bietet auch Vorteile bei der Integration von Lasersystemen in bestehende Maschinen. 

Wieviel Energie lässt sich mit der laserbasierten Trocknung einsparen?

Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass der Elektrodentrocknungsprozess fast ein Drittel des Energieverbrauches der gesamten Batteriezellproduktion ausmacht. Genau dort setzen wir an: Eine reine Lasertrocknung senkt den Energieverbrauch in der Elektrodentrocknung um 40 bis 50 %. Diese Werte beziehen sich allerdings auf State-of-the-art-Konvektionstrockner – bei veralteten Öfen ist der Unterschied noch größer. Aber sogar bei einer hybriden Trocknung mit Konvektionsöfen und Lasern lassen sich die Trocknungskosten signifikant reduzieren. 

Und wie schneidet das Laser Drying im Hinblick auf den CO2-Ausstoß ab?

Mit dem neuen Prozess lassen sich die CO2-Emissionen erheblich reduzieren. Einige Öfen laufen in der Industrie nach wie vor mit fossilen Energieträgern wie Erdgas. Durch die Elektrifizierung mittels Laser kann nicht nur der CO2-Ausstoß dieser Öfen wesentlich reduziert werden, sondern auch die Abhängigkeit von Gas minimiert und gleichzeitig Produktionssicherheit gewährleistet werden. Die effiziente, elektrische Trocknung eröffnet somit auch die Perspektive einer CO2-neutralen Produktion – vorausgesetzt, dass die Energieversorgung mittels erneuerbarer Energiequellen erfolgt. Das verbessert nicht nur den Footprint von Batterien und Elektrofahrzeugen wesentlich, sondern ist auch im Hinblick auf die zukünftige CO2-Bepreisung ein eindeutiger Pluspunkt. 

Gibt es über Energieverbrauch und CO2-Emissionen hinaus noch weitere Vorteile, die für einen Einsatz des Verfahrens sprechen?

Bei neuerrichteten Trocknungsanlagen kommt noch hinzu, dass sich quasi ganz nebenbei auch Produktionsflächen einsparen lassen: Lasertrocknungsanlagen benötigen viel weniger Platz als herkömmliche Konvektionsöfen. Das bedeutet, dass auf derselben Fläche deutlich mehr produziert werden kann oder die Produktionsfläche bei gleichbleibender Fertigungskapazität erheblich verkleinert werden kann. Genauer gesagt sprechen wir hier bei reinen Laser-Drying-Anlagen von Verkleinerungen um Faktor 5 bis 10. Dieser Vorteil kommt auch bei neugebauten Hybridsystemen zum Tragen. Generell gilt, dass eine Laserstation je nach Prozessphase 10 bis 20 m Standardtrocknungslänge ersetzen kann.

Stichwort Hybridsysteme: Wie könnte eine solche kombinierte Trocknung konkret aussehen?

Eine Option ist die Installation einer sogenannten Booster-Station am Anfang der Trocknungsstrecke. Auch ein Retrofit ist hier möglich; eine zusätzliche Laserstation kann also einfach in eine bestehende Anlage integriert werden. Mit dem Laser lässt sich die Elektrodenpaste sehr schnell und effizient auf die gewünschte Temperatur erhitzen. Der nachfolgende Konvektionsofen muss dann lediglich dieses Temperaturniveau halten und benötigt dafür natürlich weit weniger Energie als zum Aufheizen der Paste nötig wäre. Als Nebeneffekt kann dadurch auch die Produktionsgeschwindigkeit deutlich erhöht werden. Alternativ oder als Ergänzung zum Booster kann auch eine Purification-Station zum Einsatz kommen, die die finale Trocknung am Ende der Strecke übernimmt und dem Elektrodenfilm die Restfeuchte entzieht. 

Für welche Anoden- und Kathodenmaterialien und welche Zellformate lässt sich Laser Drying anwenden?

Die Folien bestehen für Anoden normalerweise aus Kupfer und für Kathoden aus Aluminium, aber auch andere Materialien lassen sich mit Diodenlasern trocknen. Dank der Kombination aus den bereits erwähnten ultrabreiten Strahloptiken und hohen Ausgangsleistungen können wir sogar Zellformate weit jenseits der heute gängigen Produktionsstandards trocknen. Außerdem bietet der Einsatz von Zoom-Optiken maximale Flexibilität bei der Einstellung der Strahlbreite. So können verschiedene Beschichtungsbreiten mit einem einzigen Lasermodul abgedeckt werden. Übrigens ist das Laser-Drying-Verfahren sogar unabhängig vom Zelltyp – also zum Beispiel für Rundzellen, prismatische Zellen oder Pouchzellen – einsetzbar. 

Etliche Produktionsschritte müssen unter bestimmten atmosphärischen Bedingungen ablaufen. Ist die laserbasierte Trocknung damit kompatibel? Oder: Werden nicht auch weiterhin Öfen nötig sein?

Der neue Laser-Drying-Prozess ist grundsätzlich ATEX-kompatibel und ermöglicht ein Ofendesign das für den Einsatz von entzündlichen organischen Lösungsmitteln geeignet ist: Der große Arbeitsabstand zwischen Laser und Elektrodenfolie macht eine Installation der Optik außerhalb der Verdampfungskammer möglich. Anders als bei manch anderen Verfahren, die aktuell erprobt werden, befinden sich also keine elektrischen Teile in der Kammer. Bei sachgemäßem Betrieb besteht somit auch bei Verwendung von entzündlichen organischen Lösungsmitteln keine Explosionsgefahr. Nötig bleiben Konvektionsöfen künftig aber trotzdem, da die Trocknung zwar einerseits über den Wärmeeintrag funktioniert, andererseits aber auch ein Luftstrom benötigt wird, um Lösungsmittel abzuführen. Daher werden besonders Hybridverfahren zukünftig von Interesse sein. Deshalb forschen wir auch in beide Richtungen und versteifen uns nicht auf eine vermeintlich "richtige" Lösung.

Was erwarten Sie von der Markteinführung ihrer neu entwickelten Technologie? Werden Trocknungsöfen verdrängt? Oder wird die laserbasierte Trocknung zunächst im kleineren Maßstab oder in spezifischen Anwendungen eingesetzt?

Wie gesagt eignet sich das Laser Drying quasi uneingeschränkt sowohl für große als auch für kleine Zellformate. Es spricht also nichts dagegen, das Verfahren zukünftig flächendeckend einzusetzen. Zumal es ja auch viel effizienter ist als das Konvektionstrocknen. Selbst wenn der Hersteller seine Öfen bereits von Erdgas- auf Elektrizitätsbetrieb umgestellt hat – was momentan häufig geschieht – bietet das Laser Drying viele Vorzüge. Trotzdem gehen wir davon aus, dass es in Zukunft auch verschiedene Hybridsysteme geben wird, gerade auch als Einstiegslösung. Denn selbstverständlich kann nicht jeder Batteriezellhersteller von heute auf morgen seine komplette Produktion umstellen. Für bestehende Anlagen ist eine hybride Lösung eine sinnvolle Option, die zugleich bereits getätigte Investitionen schützt.

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