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20.02.2023 | Plattformökonomie | Interview | Online-Artikel

"Im Metaverse entsteht ein zukünftiger Milliardenmarkt"

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5:30 Min. Lesedauer

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Im Metaverse steckt der Markt der Zukunft, sagen Studien. Welche Zielgruppen sich dort tummeln, warum diese vielfältige Bankservices brauchen und weshalb Kryptowährungen und andere digitale Assets dabei eine wichtige Rolle spielen, erläutert Accenture-Experte Markus Bender im Interview.

Springer Professional: Für viele, vor allem deutsche Banken ist das Metaverse noch eine recht neue Spielwiese. US-Institute wie J.P. Morgan oder die britische Fidelity-Gruppe haben den Schritt aufs virtuelle Neuland schon länger gewagt. Im Herbst 2022 hat sich die Deka Bank auf der Plattform Decentraland ein vierstöckiges Gebäude errichtet. Wen sprechen Geldhäuser in den virtuellen Welten derzeit an und welche Kunden werden sich in fünf, zehn oder 15 Jahren dort tummeln?

Markus Bender: Wir beobachten natürlich die internationalen und nationalen Entwicklungen im Metaverse. Die Pionierarbeit, die hier von diversen Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche geleistet wird, begrüßen wir. Diese investieren in das technologische Fundament, das ihnen ihre Vorreiterrolle in der neuen Umgebung sichern kann. Gleichzeitig rechnen wir bei Accenture damit, dass sich das Metaverse ständig weiterentwickeln und mehrdimensional wachsen wird: Der Grundstein wird durch Investitionen in die Infrastruktur gelegt. Was entsteht, ist ein zukünftiger Milliardenmarkt. Hierdurch könnte sich mittel- bis langfristig eine bedeutende Anzahl heutiger Kunden auch im Metaverse als künftige Zielgruppe für Banken entpuppen. Und dies gilt für alle Kundensegmente - Privatkunden, Unternehmerkunden oder Großkonzern. 

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Virtuelle Welten sind keine Science Fiction mehr. Während sich die ersten Vorreiter im digitalen Raum ansiedeln, gilt es für Geldhäuser abzuschätzen, welche Anwendungsfälle und Herausforderungen dort auf sie warten.

Welche Finanzservices suchen die meist jungen Nutzer derzeit auf Plattformen wie The Sandbox oder in Gaming-Umgebungen wie Roblox?

Da es sich um einen langfristigen Zeithorizont handelt, was die Entwicklung des Metaverse betrifft, sprechen wir bevorzugt von einem Kontinuum: Es ist möglich, dass im nächsten Jahrzehnt digital erweiterte Welten, Realitäten und Geschäftsmodelle unser Leben und die Wirtschaft Schritt für Schritt revolutionieren werden. Tatsächlich beobachten wir derzeit noch vermehrt jüngere aktive Nutzer im Metaverse - was wahrscheinlich wenig überrascht. Diese tätigen Transaktionen mit virtuellen Bezahlvorgängen. Im Metaverse sind das insbesondere Services im Rahmen von sicheren Wallets und Zahlprozessen. Zu diesen Transaktionen gehört vor allem der Erwerb von digitalen Assets. Diese wiederum müssen verwahrt, versichert und gegenfinanziert werden. Sie sehen, klassische Banktransaktionen und -services sind auch im Metaverse notwendig, aber auf einer neuen technologischen Plattform und mit neuen Assetklassen.

Die Universität Regensburg hatte 2022 im Rahmen einer Studie verlautbart, es gebe ungeahnte Möglichkeiten für Kreditinstitute. Der Handel mit Kryptowährungen gilt als ein zentrales Betätigungsfeld. Welche sehen Sie noch und wie unterscheiden sich diese von jenen, es bereits online oder mobil gibt?

Die Zahl der täglich aktiven, mit dezentralen Apps verbundenen Wallets ist im vergangenen Jahr um das Siebenfache gestiegen. Schätzungsweise halten 300 Millionen Menschen Kryptowährungen. Unabhängig der jüngsten Wertentwicklungen und medialer Berichterstattung sehen wir nach wie vor Potentiale in Kryptowährungen. Das sollte auch an Finanzdienstleistern nicht vorbeigehen. 

Was bedeutet das auf lange Sicht?

Diese Potentiale beschränken sich nicht nur auf die Adaption von Finanzdienstleistungen analog unserer heutigen Realwirtschaft, sondern auch auf die Bereiche rund um Schutz des Eigentums, der Privatphäre und Identitätsmanagement. Ich denke hier unter anderem an Themen wie Know-Your-Customer (KYC), Datenmanagement und der Bereitstellung von Bezahlprozessen und Garantiezertifikaten insbesondere bei plattformübergreifenden Transaktionen. In diesen Bereichen haben Banken in den vergangenen Jahren bereits bedeutende Investitionen für ihre Kerngeschäftsfelder vorgenommen. Die Erfahrungen und auch die technische Infrastruktur lassen sich bestenfalls nun auf Fragestellungen im Metaverse übertragen. 

Es sind also eine Reihe von Services im Metaverse denkbar. Doch derzeit setzen die Regulatorik, aber auch die etablierten Geschäftsmodelle vielen Ideen Grenzen. Bitte skizzieren Sie uns kurz, wo die zentralen Stellschrauben liegen, damit sich die Finanzbranche für diesen Markt optimal positioniert?  

Die Finanzbranche sollte ihre potentielle Schlüsselposition in der Ausgestaltung des Metaverse und seiner Infrastruktur anerkennen und als bedeutende Chance sehen. In den neuen Welten des Metaverse gibt es derzeit noch vergleichsweise wenig Regeln und Gewohnheiten. Darin liegt ein immenses Potenzial aber vor allem eine Verantwortung. Ehrgeizige Unternehmen können in Sachen Vorschriften und Reglementierungen Pionierarbeit leisten. Insbesondere bei Fragen rund um Governance und Regulatorik sollten sich Finanzdienstleister frühzeitig in den Dialog einbringen.

Mit zunehmenden Transaktionen und -volumina ist es wahrscheinlich, dass die Regulatorik insbesondere für digitale Währungen verstärkt in den Fokus zentraler Aufsichtsbehörden rücken wird. Wir sind hier über die erste Phase des Hypes hinaus und es findet eine Ökonomisierung mit Auswirkungen auf bestehende Wirtschaftszweige statt. Finanzdienstleister sollten diese Entwicklungen mit innovativen Projektvorhaben begleiten, aber auch die organisatorische und aufsichtsrechtliche Komponente mit Expertise und Kapazitäten unterstützen.

Wenn wir das Metaverse als Experimentierfeld betrachten, könnten auch die Beschäftigten in den Banken eine besondere Rolle einnehmen. Werden diese in entsprechende Entwicklungen bereits eingebunden? Welche Möglichkeiten bieten ihnen die virtuellen Plattformen – auch im Vergleich zur realen Filiale?  

Auch wenn sie oftmals zuerst genannt wird: Die virtuelle Filiale ist für uns nur eines von vielen Anwendungs- und Betätigungsfeldern für Finanzdienstleister im Metaverse. Generell ist die Antwort auf die obige Frage eng daran geknüpft, wie ganzheitlich Banken den Umgang mit Technologie betrachten: Zwar macht sich der Einsatz von Technologien bereits heute in der täglichen Arbeit im Finanzsektor bemerkbar. Um das Potenzial weiter auszuschöpfen, müssen Banken es allerdings schaffen, Technologie und menschlichen Erfindungsgeist zusammenzubringen und über die einzelnen Geschäftsbereiche anzuwenden. 

Ein solcher Schritt setzt voraus, dass sich die höchste Führungsebene dem Thema verpflichtet und auf die signifikanten Veränderungen des 'Arbeitsplatz Bank' reagiert. Banken müssen ihre Mitarbeitenden im Umgang mit Technologien entsprechend schulen. Bislang hat das in vielen Banken noch nicht die nötige Priorität. Das birgt die Gefahr, diese wichtigen Technologien in Zukunft nicht richtig zu nutzen und ihre Vorteile zu verschenken. Das gilt auch für das Metaverse. 

Wo müssen Banken mit Blick auf Technik, Sicherheit und Know-how noch Lücken schließen, um in absehbarer Zeit relevant im Metaverse zu sein? 

Über die Dringlichkeit von Investionen in Technik und Personal haben wir ja bereits gesprochen. Aber auch das Thema Sicherheit ist in der Tat nicht zu vernachlässigen. Kryptowährungen werden fundamental für Identitäten und Transaktionen im Metaverse sein - und eine neue Governance fordern. Sicherheitsrisiken betreffen aber nicht nur die rein digitale Welt, sie können auch in der physischen Welt schwerwiegende Folgen haben. Sicherheit und Datenschutz müssen deshalb von Anfang an ein zentraler Teil der Investitionen und der notwendigen Plattformen sein.

Finanzdienstleister müssen entscheiden, welche Rolle sie im Metaverse einnehmen können und wollen - und ob sie sich als Vorreiter für Werte wie Vertrauen, Sicherheit und Datenschutz etablieren und hier eine entscheidende Funktion einnehmen wollen. Interessante Geschäftspotentiale werden sich mit Sicherheit ergben.

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