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18.07.2022 | Jahresabschluss | Schwerpunkt | Online-Artikel

Bilanzen liefern Anhaltspunkte für Insolvenzgefährdung

verfasst von: Sylvia Meier

3 Min. Lesedauer

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Die Corona-Pandemie hat viele Unternehmen finanziell gefordert. Dennoch ist die Anzahl der Insolvenzen 2021 im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Doch das bedeutet nicht zwangsläufig wirtschaftliche Stabilität. Oft zeigt der Blick auf den Jahresabschluss, wo Schwachstellen liegen.

Das Jahr 2021 war für viele Unternehmen aufgrund der Corona-Pandemie nur schwer zu stemmen: Lockdownmaßnahmen, Personalausfälle, Lieferkettenprobleme ließen Experten eine große Insolvenzwelle fürchten. Doch die blieb in vielen EU-Ländern aufgrund der Krisenmaßnahmen aus, die die wirtschaftlichen Schäden milderten. Auch in Deutschland wurden steuerliche Erleichterungen, Corona-Hilfen, eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und viele weitere Entlastungen gewährt.

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Zahl der Zombie-Unternehmen könnte steigen

Eine Analyse des Informationsdienstleisters Creditreform zeigt, dass die von der Politik ergriffenen Maßnahmen die Insolvenzzahlen europaweit entscheidend beeinflusst haben. Insgesamt wurden 2021 in 14 westeuropäischen Staaten sowie in Norwegen, der Schweiz und Großbritannien 2021 mehr als 110.400 Unternehmensinsolvenzen registriert. Im Vorjahr waren es mit 116.446 gut fünf Prozent mehr. 

Dennoch ist es zu früh für eine Entwarnung. "Die Pandemie bremste in vielen Bereichen die Geschäftsentwicklung. Gleichzeitig halfen zahlreiche Hilfsmaßnahmen der Regierungen, die Folgen abzufedern und aufzuschieben", sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung in Neuss. Die Ökonomen befürchten, dass die Zinswende oder das Auslaufen vieler Hilfsmaßnahmen den Druck auf die Unternehmensstabilität erheblich verschärfen könnten. "Je länger die staatlichen Subventionen für die Unternehmen anhalten, desto wahrscheinlicher wird das Entstehen von Zombieunternehmen, die nur noch unter diesen speziellen Bedingungen überleben können", warnt Hantzsch.

Bilanzanalyse legt wirtschaftliche Defizite offen

Völlig unbemerkt bleibt es jedoch nicht, wenn ein Unternehmen bereits finanziell in die Klemme geraten ist. Der Jahresabschluss kann viele Schwachstellen offenlegen. Mithilfe einer Bilanzanalyse können beispielsweise Investoren, Anleger oder auch Kreditinstitute Informationen und Daten sammeln, die zeigen, wie es tatsächlich um den Betrieb steht. 

Anna Karin Spångberg Zepezauer erläutert in ihrem Buchkapitel "Zielorientierter Einsatz der Instrumente der Bilanzanalyse" (Seite 105), warum mit ihr eine mögliche Insolvenzgefährdung bereits erkannt werden kann: 

Die Bilanzanalyse dekodiert alle systematischen Auswertungen des Jahresabschlusses (Bilanz, Gewinn-und-Verlust-Rechnung und Anhang) und des Lageberichts durch die Informationen über das untersuchte Unternehmen gewonnen werden sollen. Dabei richten sich die Auswertungen nach dem Informationsbedarf der Adressaten."

Auswertung der Jahresabschlüsse hat Grenzen

Allerdings weist die Springer-Autorin auch auf die Grenzen der Bilanzanalyse hin: Der Jahresabschluss wird vergangenheitsorientiert aufgestellt. Je länger dieser Zeitpunkt zurückliegt, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Realität bereits anders zu beurteilen ist. Ein Grund, warum unter anderem Kreditinstitute häufig aktuellere Zahlen von ihren Firmenkunden fordern. 

Welche wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise die Jahresabschlüsse der in der Studie untersuchten Unternehmen offenbaren, liefern folgende Daten für das Jahr 2020:

  • 18,0 Prozent der Unternehmen erzielten eine sehr hohe Gewinnmarge (Ertrag in Prozent des Umsatzes) von mehr als 25 Prozent.
  • 26,7 Prozent der Unternehmen erzielten eine negative Gewinnmarge (also Verluste). Das sind deutlich mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019 (21,9 Prozent).
  • Bei 22,6 Prozent der analysierten Unternehmen in Westeuropa liegt die Eigenkapitalquote unter 10 Prozent. Sie sind als eigenkapitalschwach anzusehen.

Kettenreaktion bei Zahlungsverzug

"Wer sein Geschäftsmodell in der Krise angepasst hat und das schöpferische Potenzial des Strukturwandels nutzen konnte, hat auch mehr Gewinne realisieren können", betont Hantzsch. Allerdings sieht er europaweit ein insgesamt gestiegenes Insolvenzpotenzial mit Blick auf die in der Analyse untersuchten Jahresabschlussdaten. 

Zwar verfügen viele Unternehmen (46,2 Prozent) über eine hohe Eigenkapitalquote von über 50 Prozent. Dies liegt aus Sicht der Creditreform-Experten an der guten Wirtschaftslage im Vorfeld der Corona-Pandemie. Diese sorgten für Stabilität, um die finanziellen Folgen der Corona-Krise abzufedern. Problematisch sei jedoch, dass diese Puffer nach zwei Jahren Konjunkturschwäche mittlerweile oft aufgebraucht und Forderungslaufzeiten in zahlreichen Ländern gestiegen sind. Müssen Lieferanten und Leistungserbringer länger auf ihre Geld warten, drohe schließlich auch ihnen eine Zahlungsunfähigkeit.

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