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10.08.2023 | Automobilwirtschaft | Gastbeitrag | Online-Artikel

So maximieren OEMs das Kundenerlebnis in der Nutzerphase

verfasst von: Matthias von Alten

5:30 Min. Lesedauer

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Post-Purchase-Power: Autohersteller, die in das Kundenerlebnis nach dem Kauf investieren, erhöhen die Markenloyalität und steigern den Customer Lifetime Value. Das sind drei Möglichkeiten, um den CLV nach dem Kauf zu verbessern. 

Das Wachstum des weltweiten Automobilmarktes verlangsamt sich und der Wettbewerb wird immer härter. Die Automobilhersteller stehen unter Druck, neue Wege zu finden, um ihre Position zu behaupten. Doch durch die Verlagerung des Schwerpunkts von Pre-Sales und Sales (zum Beispiel verkaufte Einheiten, Marktanteil) hin zur Maximierung des Customer Lifetime Value (CLV) für bestehende Kunden können OEMs eine wichtige Chance zur Differenzierung nutzen. Der Customer Lifetime Value ist eine Kennzahl, die angibt, wie viel Wert, zum Beispiel Ausgaben für Produkte oder Dienstleistungen eines OEM, ein bestimmter Kunde während seiner gesamten Beziehung zu einer Marke generiert beziehungsweise generieren wird.

Leider wird das Kundenerlebnis nach dem Kauf von Automobilherstellern und Händlern allzu oft vernachlässigt. Zudem agiert der Aftersales-Bereich meist separat – ohne integrierte Sichtweise. Dies führt dazu, dass Kunden zwar in den ersten drei Jahren aufgrund von Garantie und Kulanz ihrer Marke treu bleiben, aber von den Automobilherstellern nicht nach dem CLV-Prinzip behandelt werden. 

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Vom Kundenerlebnis zum messbaren Ergebnis

Die Wirkung von Kundenzentrierung messen und steuern

Umfangreiche Forschung zeigt, dass die stabilste Methode zur Vorhersage von Kundenloyalität die Messung von Kundenzufriedenheit mit einem deutlich polarisiertem Profil ist – wie es z. B. der Net Promoter Score (NPS) mit seiner Unterteilung in Promotoren und Distraktoren bietet. Kundenzentrierung ist die erfolgreichste Strategie für nachhaltigen Unternehmenserfolg, weil sie durch die Ausweitung des Geschäfts mit zufriedenen Kunden und durch deren aktive Empfehlung organisches Wachstum ermöglicht – messbar als Earned Growth Rate, EGR.

Um eine dauerhafte Kundenbindung zu erreichen, sollten die Automobilhersteller gerade in der Nutzerphase eine positive Customer Experience durch wertschöpfende Produkte und Dienstleistungen schaffen. Dies erfordert neben der Fokussierung auf CLV und Vehicle Lifetime Value eine ganzheitliche Sicht auf den Kunden. Wesentliche Bausteine hierfür sind die Verbesserung der Organisations- und Führungsstruktur der OEMs und im besten Fall die Ernennung eines Chief Customer Officers (CCO), der den Kunden zum Mittelpunkt aller Maßnahmen macht.

Automobilhersteller, die in das Kundenerlebnis nach dem Kauf investieren, erhöhen die Markenloyalität und steigern den CLV. Damit schaffen sie die Basis für Erfolg und Differenzierung in der Zukunft. Im Folgenden werden drei Möglichkeiten aufgezeigt, wie OEMs das Kundenerlebnis nach dem Kauf verbessern können:

1. Die 360°-Kundensicht

Im heutigen digitalen Zeitalter erwarten die Kunden von den Marken, mit denen sie interagieren, "Always-on"-Engagement und nahtlose Erfahrungen. Eine 360°-Sicht auf den Kunden ermöglicht es den OEMs, Händlern und anderen Marktakteuren, ihre Kunden besser zu verstehen und personalisierte Empfehlungen für ein hervorragendes Kundenerlebnis nach dem Kauf zu geben.

Für ein ganzheitliches Kundenverständnis müssen sowohl kunden- als auch fahrzeugspezifische Daten an allen möglichen Berührungspunkten erfasst und in einer zentralen Visualisierung zusammengeführt werden. Für diese holistische Sicht müssen OEMs in die technische Infrastruktur investieren, die einen nahtlosen Datenaustausch mit den relevanten Stakeholdern ermöglicht. Ist diese Infrastruktur erst einmal aufgebaut, kann sie zur Entwicklung wertvoller After-Sales-Dienstleistungen dienen, wie beispielsweise:

  • Tools für die vorausschauende Wartung
  • Funktionalitäten für das Fahrzeughaltungsmanagement
  • Vernetzte Datenvisualisierungen
  • Etablierung von Abonnementdiensten
  • Zusätzliche Mobilitätslösungen
  • Concierge-Dienste des Fahrzeugherstellers 

Die Bereitstellung einer nahtlosen Omnichannel-Experience nach dem Kauf durch die gemeinsame Nutzung von Daten ist von entscheidender Bedeutung, da die Kunden nicht zwischen den verschiedenen Ebenen unterscheiden, sondern eine einheitliche Erfahrung erwarten. 

2. Orchestrierung eines integrierten Ökosystems rund um den Kunden mit echtem Mehrwert

Um eine nahtlose Erfahrung nach dem Kauf zu bieten, müssen die Automobilhersteller ihre digitalen Angebote in einem Ökosystem konsolidieren, um die Fragmentierung des Kundenerlebnisses über verschiedene Apps und Websites hinweg zu vermeiden. Ein integriertes Ökosystem bietet den Kunden einen einfachen und bequemen Zugang zu Diensten an einem einzigen Ort. Unternehmen wie Apple sind ein führendes Beispiel für die Bereitstellung von mehrwertstiftenden Diensten, die es den Kunden erleichtern, Transaktionen durchzuführen und ihre Waren zu erhalten.

OEMs haben die Wahl, ein Ökosystem eigener Lösungen aufzubauen, ein Ökosystem eigener und fremder Lösungen zu orchestrieren oder das Ökosystem vollständig auszulagern. Der effektivste Ansatz wird die Kombination von eigenen und fremden Lösungen sein, wodurch Autobauer zu Orchestratoren von Ökosystemen werden. Ihre Aufgabe ist es, die Schaffung, Implementierung und Weiterentwicklung eines holistischen Angebots von Mobilitätsdiensten zu überwachen. Ökosysteme ermöglichen es den OEMs, ihren Kunden neue Markenerlebnisse in einem viel schnelleren Rhythmus zu bieten, zum Beispiel durch Mobilitätsdienste, OTA-Updates, On-Demand-Funktionen und damit verbundene Services.

3. Konnektivität als Schlüsselfaktor

Die Integration des Fahrzeugs in das Ökosystem ist von entscheidender Bedeutung, und die Konnektivität im Fahrzeug spielt eine wichtige Rolle, damit die Verbraucher auch unterwegs vernetzt bleiben und sich einbringen können. Die Konnektivität ermöglicht die Entwicklung neuer digitaler Ökosystemdienste, die ein intensiveres und persönlicheres Fahrerlebnis, mehr Sicherheit und Mehrwertdienste wie Over-The-Air(OTA)-Updates und Zahlungslösungen im Fahrzeug bieten. Einige der vielversprechendsten Anwendungen für die Konnektivität im Fahrzeug sind:

  • Pay-As-You-Drive-Policen bieten sicheren Fahrern niedrigere Versicherungsprämien, da Autos zunehmend mit Sensoren ausgestattet werden. Pay-As-You-Drive-Policen bieten Versicherungsschutz auf Abruf für bestimmte Fahrten und tragen damit der Zunahme von Kurzzeitmieten und flexiblen Mobilitätsoptionen Rechnung.
  • Vorausschauende Wartung: Predictive Maintenance nutzt maschinelles Lernen, um Autobesitzer vor möglichen Fahrzeugproblemen zu warnen, bevor diese auftreten. So können proaktiv Ersatzteile bestellt und Reparaturen geplant werden, was den Fahrzeugbesitzern Zeit und Geld spart.
  • Buchung von Ladeplätzen: Mit der Buchungsfunktionalität können Besitzer von Elektrofahrzeugen (EVs) Ladeplätze im Voraus reservieren. Dies trägt zur Reduzierung der Reichweitenangst bei und minimiert Unterbrechungen des EV-Fahrerlebnisses.
  • In-Car-Payment: Das In-Car-Payment ermöglicht die Bezahlung von Dienstleistungen wie Parken oder Mautgebühren aus dem Fahrzeug heraus. Mit zunehmender Verbreitung von Elektrofahrzeugen können Autofahrer für Ladedienste bezahlen, ohne ihr Fahrzeug verlassen zu müssen.
  • OTA-Updates: Mit Over-The-Air-Updates können OEMs ihr Serviceangebot auf alle Fahrzeuginsassen ausweiten, CLV mit Kundenbindungsprogrammen verknüpfen und zielgerichtete Dienste zum idealen Zeitpunkt anbieten.
  • Concierge-Dienste: Durch die Vernetzung von Fahrzeugen und die damit einhergehende Möglichkeit, Daten in Echtzeit zu sammeln und zu analysieren, eröffnen sich für Fahrzeughersteller neue Möglichkeiten, ihren Kunden Concierge-Services anzubieten. Diese Dienste können beispielsweise die Navigation, die Suche nach Parkplätzen, die Reservierung von Restaurants oder Hotels sowie die Buchung von Wartungsterminen umfassen. Die Automarke Nio bietet beispielsweise Concierge-Dienste wie Batteriewechsel, mobiles Laden und 24/7-Kundensupport über ihre App an.

Durch das kontinuierliche Angebot von Integrationsmöglichkeiten und Mehrwertdiensten über Fahrzeuge, die in ein größeres Ökosystem eingebunden sind, können OEMs ihren Kunden ein bedeutungsvolleres und einprägsameres Fahrerlebnis bieten.

Verpasste Gelegenheiten: Das Kundenerlebnis in der Nutzerphase forcieren

Außergewöhnliche Customer Experiences nach dem Kauf können Automobilherstellern helfen, eine dauerhafte und bedeutsame Beziehung zu ihren Kunden aufzubauen, die Kundenbindung zu stärken und das Umsatzwachstum zu steigern. Da derzeit nur wenige Automobilhersteller dem Kundenerlebnis in der Nutzerphase Priorität einräumen, besteht für diejenigen, die dies tun, eine ungenutzte Chance, sich zu differenzieren und einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. 

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